Suche den Frieden

Bei einer Podiumsdiskussion im Deutschen Bundestag zu 25 Jahre Ziviler Friedensdienst (ZFD) tauschten sich Vertreterinnen von Brot für die Welt, AGIAMONDO und BMZ über die Wirkungen des gemeinsamen Engagements in der zivilen Konfliktbearbeitung aus.

 

Gewaltsame Konflikte verursachen großes menschliches Leid und sind weltweit eine der Hauptursachen für Armut, Hunger und die Destabilisierung ganzer Regionen. Angesichts der Gewalteskalationen in der Ukraine, in Israel/Palästina, dem Sudan, in Äthiopien, Myanmar oder der Demokratischen Republik Kongo müssen Staat, Kirchen und Zivilgesellschaft dringend ihr gemeinsames Engagement in der zivilen Konfliktbearbeitung verstärken.

So betont auch die erste Nationale Sicherheitsstrategie der Bundesregierung den Vorrang der Krisenprävention. Überarbeitet werden derzeit die Leitlinien "Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern", welche sowohl die besondere Rolle der Kirchen als auch des Zivilen Friedendienstes benennen. Dennoch bleibt an vielen Stellen offen, wie die Bundesregierung zukünftig dem Auftrag der Krisenprävention ganz konkret gerecht werden kann.

Frieden wahren, fördern und erneuern

Dass es sich lohnt, in Instrumente wie den Zivilen Friedensdienst zu investieren, zeigte eine Podiumsdiskussion gestern im Deutschen Bundestag, die von Brot für die Welt (BfdW) und AGIAMONDO in Kooperation mit der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) organisiert worden war.

Der ZFD ist 1999 aus einem gemeinsamen Engagement von Kirche und Zivilgesellschaft für Frieden und Gewaltfreiheit hervorgegangen. Er ist ein Gemeinschaftswerk von Staat, Zivilgesellschaft und Kirchen, das gezielt die komplementären Zugänge und Ressourcen staatlicher sowie verschiedener kirchlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure nutzt und dadurch die Möglichkeiten der Friedensförderung erweitert.

Grundauftrag der Kirchen, und damit auch kirchlicher Träger im ZFD ist es, sich mit ganzer Kraft für den Frieden einzusetzen. Frieden zu wahren, zu fördern und zu erneuern, ist ihre immerwährende Aufgabe im Dienst am Nächsten. Das heißt konkret, durch solidarisches Engagement zur Verwirklichung von sozialer Gerechtigkeit beizutragen, Frieden zu fördern und zu sichern und die Schöpfung zu bewahren.

Handlungsfähigkeit der Partner stärken

AGIAMONDO Geschäftsführerin Dr. Claudia Lücking-Michel erläuterte, wie der Personaldienst schon seit vielen Jahren gemeinsam mit seinen Partnerorganisationen zum Thema "Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit" arbeitet. "Wir stärken die individuelle und gesellschaftliche Handlungsfähigkeit unserer Partner, so dass die Folgen der Gewalt gemeinsam überwunden und Versöhnungsprozesse angestoßen werden können."

Sie berichtete über die Arbeit der Diözesen Cyangugu und Butare in Ruanda die von einer ZFD-Fachkraft unterstützt wird. Hierorganisieren sich zahlreiche Freiwillige in Gemeindekomitees, um Menschen beim Umgang mit gewaltvollen Erfahrungen oder ihrer sozialen Reintegration zu unterstützen. Die Kommissionen für Gerechtigkeit und Frieden der Diözesen Cyangugu und Butare begleiten dieses Engagement.

Ortskirchen haben besonderes Potenzial

Der Genozid von 1994 wirkt bis heute in die ruandische Gesellschaft hinein – in Form von Traumata, zerrütteten Familienverhältnissen oder sozialen Konflikten. Es gibt aber auch ein gesellschaftliches Engagement zur Aufarbeitung von seelischen Verletzungen und Versöhnung zwischen Überlebenden und Täter*innen. Die Diözesen begleiten diese Arbeit fachlich und vermitteln Wissen. Sie machen auch Angebote zur psychischen Gesunderhalten, z.B. für Seelsorger und Gemeindemitglieder, die viele schwere Schicksale begleiten.

Die Partnerorganisationen von AGIAMONDO sind insbesondere kirchliche und zivilgesellschaftliche Institutionen und Organisationen. Die katholischen Ortskirchen haben ein besonderes Potenzial für Friedensarbeit, da sie auf allen gesellschaftlichen Ebenen etabliert sind, bis zur Basis reichen und dort auch akzeptiert werden. Unser besonderer Beitrag ist es, durch die ZFD-Projekte die Vernetzung und Synergien nicht nur innerhalb der Weltkirche und zivilgesellschaftlichen Strukturen und Gruppen zu fördern, sondern auch zwischen religiösen und staatlichen Akteuren.

Gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken

In der Ukraine, in der die Menschen gegenwärtig akut Krieg erfahren, ist AGIAMONDO derzeit dabei, ein neues ZFD-Programm aufzubauen. Wir sind überzeugt, dass dies gerade in der aktuellen Situation besonders wichtig ist, die Menschen in der Ukraine zu unterstützen, die sich für die Menschliche Würde und den gesellschaftlichen Zusammenhalt einsetzen. Unsere Partnerorganisationen sind da für Menschen, die Krieg und Leid erfahren und helfen ihnen in der Mitte von Krieg einen Umgang hiermit zu finden. Unser Ziel ist es, dieses Engagement zu stärken, Räume für Trauer und Begegnung zu bieten und damit den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Besonders wichtig ist es für die Menschen in der Ukraine, vermittelt zu bekommen, dass sie nicht allein sind. Es ist ein starkes Signal, wenn Fachkräfte bereit sind, in der Ukraine zu sein und an der Seite der Partner zu arbeiten.

Konkret können ZFD Fachkräfte gerade auch in derart eskalierten Kontexten wirksam werden, indem sie Helfende begleiten und stärken, beispielsweise in der Trauerarbeit. Die religiösen Gemeinschaften spielen hier eine wichtige Rolle. Gleichzeitig geht es auch um die Begegnung von Menschen unterschiedlicher Konfessionen, die sich durch Flucht und Vertreibung nun in den gleichen Gemeinden wiederfinden. Zudem brauchen Helfende und die Menschen in ihren Gemeinschaften, jemanden der ihnen zuhört, mit dem sie ihr erlebtes Leid teilen können, um einen Umgang damit zu finden. Das leisten aktuell bereits viele freiwillige Helfer*innen in der Ukraine. Der ZFD kann einen Beitrag leisten, diese Menschen in ihrem Tun zu unterstützen und zu stärken. Weitere Schwerpunkte der ZFD Arbeit in der Ukraine sind die Dokumentation von Menschenrechtsverbrechen und das friedenspädagogische Wirken in die Schulen hinein.

26.09.2024

Text: Katharina Engels