Honig für den Frieden

In Uganda schützt ein Projekt im Bereich ökologische Friedensarbeit die Umwelt – und baut gesellschaftliche Spannungen ab.

 

Die Organisation "Facilitation for Peace and Development" (FAPAD) in Lira/Uganda arbeitet daran, alternative und klimasensible Einkommensmöglichkeiten zu schaffen, um die Zerstörung von Feuchtgebieten zu stoppen. Solome Alum, Mitarbeiterin bei FAPAD, und Simon Brenner, Fachkraft im Zivilen Friedensdienst (ZFD) von AGIAMONDO, gestalten dabei den Bereich ökologische Friedensarbeit.

Über einen Meter hoch erstrecken sich die Papyrus-Pflanzen in sattem Grün in den Himmel. Dazwischen schlängelt sich langsam das sumpfige Wasser. Ugandas Feuchtgebiete sind die Heimat vieler seltener Vogelarten – und noch dazu ein hocheffektiver Treibhausgasspeicher. "Rund 16 Prozent von Uganda sind Feuchtgebiete", erzählt AGIAMONDO-Fachkraft Simon Brenner. Die meisten davon seien jedoch von Degradation betroffen. Gemeint ist damit das langsame Verschwinden und die Zerstörung von den im Land weit verbreiteten Sumpfgebieten, Mooren und feuchtem Grasland durch landwirtschaftliche Nutzung, Verschmutzung und Austrocknung.

Helena Kreiensiek
Helena Kreiensiek
Helena Kreiensiek
Helena Kreiensiek
Helena Kreiensiek

Naturschutz versus Überleben

Seit gut anderthalb Jahr arbeitet der 34-Jährige in Lira im Norden Ugandas bei der Partnerorganisation "Facilitation for Peace and Development" (FAPAD) zu  "Environmental Peacebuilding" (ökologische Friedensarbeit). Dabei greift er auf ein umfangreiches Wissen als Consultant  in der politischen Beratung zurück. Gemeinsam mit Kollegin Solome Alum konzipieren und initiieren die beiden Aktivitäten, um Landkonflikte zu bearbeiten und Feuchtgebiete zu schützen. "In Uganda haben wir einen hohen Bevölkerungsdruck", erklärt Solome Alum. Konflikte um Land seien daher sehr verbreitet, sagt die Sozialwissenschaftlerin. Vor allem marginalisierte Gruppen, wie Frauen oder die Jugend, hätten Schwierigkeiten ein bezahlbares Stück Land zu finden und würden deshalb auf "unbesetztes" Land ausweichen, wie beispielsweise Feuchtgebiete. Diese stehen jedoch unter Naturschutz.

"Es ist schon seit mehreren Jahren verboten, Feuchtgebiete zu bewirtschaften, aber seit Januar diesen Jahres wird sehr aktiv dagegen vorgegangen und Verstöße werden mit einer Strafe von sechs Millionen Uganda-Schilling geahndet", ergänzt Simon Brenner: "Umgerechnet etwa 1.500 Euro. Das ist eine horrende Summe, in einem Land, in dem das durchschnittliche Monatseinkommen etwa 70 Euro pro Kopf beträgt (Quelle: Länderdaten Uganda). Und es ist ein Aspekt, der der Problematik rund um die Feuchtgebiete noch einmal eine andere Dynamik verliehen habe", sagt Brenner. Neben den Auswirkungen der globalen Erwärmung im Allgemeinen, der herrschenden Landknappheit und der damit einhergehenden Nachbarschaftskonflikte sei nun auch die Kriminalisierung jeglicher Aktivitäten in den Feuchtgebieten ein Problem, mit der die Bevölkerung zu kämpfen habe. Aus diesem Grunde habe sich FAPAD ein Imkerei-Training überlegt, erzählt Solome Alum. Denn die Bienenzucht und Honigproduktion sei eine wirtschaftliche Aktivität, die auch in den geschützten Feuchtgebieten stattfinden könne, ohne diese negativ zu beeinflussen – und sie in Bezug auf die Biodiversität sogar stärken könne.

 

Wissenswert

Environmental Peacebuilding

"Beim Environmental Peacebuilding  (Ökologische Friedensförderung) wird mit Hilfe von Umweltschutzmaßnahmen ein friedliches Zusammenleben gefördert. Die Nutzung der Natur, wie Seen, Flüsse, Sümpfe, Feuchtgebiete, Wälder und vieles mehr, ist oft konfliktbehaftet, da es sich um knappe und begrenzte Ressourcen handelt. Die Natur ist die Lebensgrundlage für die Bevölkerung. Wird sie ohne Rücksicht auf Nachhaltigkeit von einer wachsenden Bevölkerung genutzt, kommt es zu Konflikten. Dies gilt ebenso, wenn strikte Umweltschutzmaßnahmen plötzlich die Nutzung dieser Gebiete untersagen. Indem man Möglichkeiten zur legalen und schonenden Nutzung von natürlichen Ressourcen findet – oder Alternativen anbietet – werden Konflikte verhindert oder verringert." (Grace Achot, Programm-Managerin FAPAD)

Mehr zur Arbeit von FAPAD im 3-Fragen-Interview mit Grace Achot

Alternatives Einkommen

Während Solome Alum erzählt, lädt das Workshop-Team das Anschauungsmaterial aus dem Auto. Zum Vorschein kommen Plakate, Bienenkästen und Waben, die unter einem schattenspendenden Mangobaum aufgebaut werden. Zehn Teilnehmer*innen haben sich heute zusammengefunden, um an dem viertägigen Workshop über die Grundlagen der Bienenhaltung teilzunehmen. Ahnna Acen ist eine davon. Sie habe ihr Land verloren, nachdem die zuständige Regierungsstelle die Bewirtschaftung der Feuchtgebiete viel strenger überwache, erzählt die 40-Jährige. Um ihre drei Kinder satt zu bekommen und zur Schule zu schicken, habe sie immer sehr hart arbeiten müssen. Seit sie ihr Feld jedoch nicht mehr bestellen könne, sei ein Großteil ihres Einkommens weggefallen. Mit der Imkerei hofft sie, künftig wieder mehr Geld einzunehmen – ohne dabei in Konflikt mit dem Gesetz zu kommen. Geschichten wie diese sind es, die die Teilnehmer*innen des Workshops vereinen.
 

Helena Kreiensiek
Helena Kreiensiek
Helena Kreiensiek
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Zusätzlich zu den Imkerei-Workshops leiste FAPAD sehr viel Aufklärungsarbeit, erzählt Solome Alum. Auch heute haben sie ein großes Plakat dabei, mit dessen Hilfe die 29-Jährige die Bedeutung von intakten Feuchtgebieten für das Klima erklärt. "Ein anderer Aspekt ist, dass wir viel im Bereich Mediation und Konfliktbewältigung machen, ohne dass die Betroffenen bis vors Gericht gehen müssen", ergänzt sie. "Dabei unterstützen wir zum Beispiel bei Nachbarschaftskonflikten oder familiären Streitigkeiten und zeigen auf, wie solche Dispute auch auf friedliche Weise gelöst werden können. Das Ziel unserer Arbeit ist, dass die Menschen miteinander in Frieden leben – und im Einklang mit der Natur."

YOUTUBE-Video mit Solome Alum/FAPAD

12.12.2023

Text: Helena Kreiensiek