Selbstfürsorge in der Sozialen Arbeit – ein Schlüssel zur Gesunderhaltung

Stephanie Mendez Candido

Wie kann es gelingen, besser mit belastenden Situationen umzugehen? Und was hilft, um in der Sozialen Arbeit gesund zu bleiben? Mit diesen Fragen beschäftigten sich die Teilnehmer*innen des ZFD-Fachkräftetreffens im Oktober in Kolumbien.

 

In diesem Jahr besuchten die Fachkräfte des ZFD-Landesprogramms von AGIAMONDO in Kolumbien ein Projekt der Diözese Apartadó, das psychosoziale Unterstützung für Menschen anbietet, die Gewalterfahrungen gemacht haben. Apartadó liegt in der Region des Golfs von Urabá an der Grenze zu Panama.
Hier arbeitet seit mehr als einem Jahr auch Matthias Breuer. Er ist eine der Fachkräfte beim "Centro Integral de Escucha" (Integrales Zuhörzentrum) der Sozialpastoral von Apartadó. Das Projekt der Partnerorganisation setzt auf das Mittel des Zuhörens bei der Bewältigung belastender und schmerzhafter Situationen, denen die Bewohner*innen dieser Region aufgrund des jahrzehntelangen Bürgerkriegs ausgesetzt waren und noch sind. Individuelle Angebote und Angebote in der Gruppe helfen, die Betroffenen zu stabilisieren und die sozio-emotionale Genesung zu fördern. Eine wichtige Voraussetzung dafür, den sozialen Zusammenhalt, der durch die Gewalterfahrungen zerstört wurde, wiederherzustellen.

 

 

AGIAMONDO
Bianca Bauer
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Zu Besuch im "Centro Integral de Escucha"

Mit dem Bus fuhren die Teilnehmer*innen des Jahrestreffens in einen Stadtteil von Apartadó, wo einstöckige Häuser die Landschaft prägen. In einem der bescheidenen Häuser befindet sich das "Centro Integral de Escucha". In einem schlichten Raum wurden sie von Lourdes (Psychologin im Centro de Escucha), Matthias und rund 20 Frauen empfangen, die als "freiwillige Zuhörerinnen" im Zentrum tätig sind.

"Freiwillige Zuhörerinnen" helfen Frauen, die Gewalt erlebt haben

Das Zentrum ist ein Ort, an dem Opfern des Konflikts zugehört wird und wo versucht wird, beispielsweise Traumata zu lindern. Zudem hat das Zentrum eine Strategie entwickelt, die darauf abzielt, in den Gemeinden sogenannte "freiwillige Zuhörer*innen" auszubilden. Das sind vor allem Frauen aus denselben Gemeinden oder ländlichen Gebieten, die soziale und familiäre Unterstützung für die Opfer leisten können. Lourdes erklärte, dass obwohl das Projekt hauptsächlich auf Opfer des bewaffneten Konflikts abzielt, die Türen aber auch für die migrierte und geflüchtete venezolanische Bevölkerung offenstehen.

Zu den "freiwilligen Zuhörerinnen" gehört auch Fanny, die seit vielen Jahren Opfern des Konflikts in dieser Region hilft. "Die Frauen haben das Vertrauen gefunden, Geschichten zu teilen, die sie zuvor nie erzählt haben", berichtete Fanny. Das Zentrum hat das Ziel, Frauen wie Fanny im psychosozialen Bereich zu stärken und ihnen Strategien zu vermitteln, damit sie anderen Opfern der Gewalt zuhören, sie unterstützen und begleiten können. Das ist sehr wichtig, denn die meisten Menschen in Urabá haben den Konflikt und die Gewalt erlebt, doch nur wenige haben in der Vergangenheit psychosoziale Unterstützung erhalten. Viele leben immer noch traumatisiert und wissen nicht, wie sie die schmerzhaften Erfahrungen der Vergangenheit und Gegenwart verarbeiten können.

Selbstfürsorge als politische Handlung

Nach dem beeindruckenden Besuch des Zentrums stand die Gesundheit der Fachkräfte selbst im Mittelpunkt. Auch sie benötigen Strategien und Wissen, um mit dem stressigen Alltag und dem kontextuellen Druck, der von der Gewalt in Kolumbien ausgeht, umzugehen. Im Rahmen eines Workshops der "Corporacion Vínculos" erhielten sie wertvolle Anregungen, um die Bedeutung der (Selbst-)Fürsorge als Grundpfeiler für das persönliche Wohlbefinden, aber auch den Erfolg von Teams und Projekten, an denen sie beteiligt sind, zu erkennen.

So diskutierten die Fachkräfte darüber, warum Selbstfürsorge eine politische Handlung sein kann – ein Weg, um in emotional anspruchsvollen Situationen zurechtzukommen sowie mit den täglichen Belastungen und Herausforderungen umzugehen. Und wie Selbstfürsorge dazu beitragen kann, die eigene Resilienz zu stärken, Stress abzubauen und die emotionale Stabilität aufrechtzuerhalten. Dies ist insbesondere in einer von Konflikten und Gewalt geprägten Gesellschaft wie Kolumbien von großer Bedeutung. Wer sich nicht richtig um sich selbst kümmert, so die Schlussfolgerung der Fachkräfte, kann sich auch nicht richtig um andere kümmern.

06./14.11.2023

Text: Bianca Bauer