Wie war es? Rückblick auf die Arbeit als Sprachtherapeutin in Kenia

AGIAMONDO-Fachkraft Wanda Mainka arbeitete als akademische Sprachtherapeutin drei Jahre bei den "Special Education Professionals" (SEP), einer AGIAMONDO-Partnerorganisation, in Nairobi/Kenia mit.

 

Ende März nahm Wanda Mainka zusammen mit anderen Fachkräften an einem AGIAMONDO-Rückkehrer*innen-Seminar teil, um fachlich begleitet Erfahrungen und Herausforderungen ihrer Zeit im Ausland zu reflektieren. Die 37-jährige hat ein Diplom-Studium der Sprechwissenschaft sowie einen Master in Pflege- und Gesundheitswissenschaften an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg abgeschlossen. Im Interview spricht Wanda Mainka über ihre Zeit in Kenia.

In welchem Bereich engagiert sich Special Education Professionals (SEP)?

Wanda Mainka: 1990 gründeten multidisziplinär arbeitende Therapeut*innen Special Education Professionals (SEP) als Selbsthilfegruppe. Seitdem ist SEP professionell stark gewachsen und hat sich zum Ziel gesetzt, Kinder mit Behinderung und ihr Umfeld therapeutisch zu unterstützen, Stigmata abzubauen und eine inklusive Schule zu ermöglichen. Die NGO will die Professionalisierung von Therapeut*innen und Sonderpädagog*innen sicherstellen und Eltern/Angehörige von Kindern mit Behinderung therapeutisch begleiten. Die Kinder erhalten Ergo- und Physiotherapie sowie schulische Unterstützung und Logopädie. Die Eltern lernen ihre Kinder zu Hause zu versorgen und in ihrer kognitiven und physischen Entwicklung zu unterstützen. Lehrer*innen bietet SEP spezifische Schulungen. Betreuer*innen in Heimen lernen, wie sie die Kinder in den Einrichtungen individuell fördern können.

Wie war es? Was war Ihre Aufgabe und was hat sich durch Ihre Mitarbeit verändert?

Wanda Mainka: Meine Stelle als akademische Sprachtherapeutin, mit Schwerpunkt auf Schluck- und Kommunikationsstörungen, wurde von COMUNDO finanziert. Schluckstörungen bei Kindern können bei einer Hirnschädigung auftreten, entstanden durch eine Sauerstoffunterversorgung während der Geburt. Für ein betroffenes Kind ist z. B. eine Optimierung der Sitzposition oder eine angepasste Nahrungskonsistenz, die deren Transport in den Magen sicherstellt, erleichternd. Praktische Anwendungen sowie Hintergründe habe ich den Eltern vermittelt. Therapie-Techniken an Eltern, Sozial- und Gesundheitsarbeiter*innen weiterzugeben, war eine weitere Aufgabe. Leider hat das Capacity Building, die Wissensvermittlung an andere Therapeut*innen von SEP, nicht optimal funktioniert, da diese dezentral arbeiten. Manche Kolleg*innen traf ich hauptsächlich zu den wöchentlichen Teamsitzungen. Zusätzlich erschwerte die Covid-19-Pandemie den Austausch.

Durch meine Mitarbeit wurden Eltern kindliche Schluckstörungen und Kommunikationsstörungen stärker bewusst. Sie gehen nun souveräner damit um. Die Vorbereitung des Strategy Planning Meetings und die Überarbeitung des Monitoring- und Evaluierungssystems gehörten zu meinen Aufgaben. Zwei Anamnese- und Diagnostik-Tools für kindliche Schluckstörungen und Kommunikationsstörungen, Videos mit Infos für Fortbildungen und didaktisches Material in Englisch und Kisuaheli erarbeitete ich mit Kolleg*innen. Besonders wichtig war es mir, eine Toolbox für sprachtherapeutisches Arbeiten mit Kindern zusammenzustellen. Sie enthält ein Manual und spielerisches Material, wie Federn, Pfeife, Bilderbuch und Bauklötze.

Wanda Mainka (rechts) berät im Familiengespräch eine Frau und ihre Tochter außerhalb von Nairobi in Itangini. Die Mutter machte sich Sorgen über das Sprachniveau ihrer Tochter.
Gemeinsames Mittagessen am letzten Arbeitstag mit den Kolleg*innen: Isaac Makori, Emmi Gielen, Louisa Wangalwa, Mary Musyoki, wanda Mainka, Michael Katifaru, Gregory Yegon und Areba Nyang’acha (von links).
Wanda Mainka unterstützt die dreijährige Hope Victoria mit Schlucktherapie. Dabei ist es auch wichtig Nahrung mit den Händen wahrzunehmen.
Meine Hündin Zuri, das Wort bedeutet in Kiswahili gut, ist inzwischen an das kalte Wetter in Deutschland gewöhnt.

Was hat Sie begeistert und was hat sich bei Ihnen verändert?

Wanda Mainka: Kulturelle Unterschiede machten die Kontakte zu den Müttern, manchmal auch Vätern, zu einem Lernprozess. Ich lernte dabei, langsamer anzufangen, die Leute erzählen zu lassen und mehr praktisch anzuleiten als nur zu erklären. Es war wichtig, große Unterschiede, wie den viel kürzeren Blickkontakt, zu erkennen und zu übernehmen. Die Resilienz der Menschen und ihr Gemeinschaftssinn haben mich begeistert. Wo in Deutschland zu oft das Ich im Vordergrund steht, ist es in Kenia das Wir. Davon versuchte ich zu lernen. Mein Referenzrahmen hat sich stark erweitert und ich bewerte Alltägliches in Deutschland anders. Toleranz und Flexibilität sind gewachsen: Ich reagiere gelassener und souveräner auf Unvorhergesehenes und ziehe stärker Grenzen. Eine große Veränderung ist mein Hund Zuri, den ich in Kenia zunächst als Pflegehund von einer NGO übernahm und nun mit nach Deutschland gebracht habe. Das Zusammenleben mit ihr hat mich in der Isolation der Coronazeit "gerettet". Ihre Grenzen zu erkennen und geduldig zu sein, war ein Lernprozess.

Zurück in Deutschland: Wie geht es nun für Sie weiter?

Wanda Mainka: Es ist alles offen, außer dass ich nicht mehr sprachtherapeutisch arbeiten, sondern mich im Projektmanagement/ Monitoring und Evaluation im Gesundheitsbereich engagieren möchte. Vorstellen kann ich mir auch Trauma-Arbeit oder psychische Gesundheit, gerne im internationalen Kontext.

10.05.2023

Interview: Ursula Radermacher