Wie engagiert sich AGIAMONDO für die Sicherheit von Fachkräften?

Die Sicherheit von Fachkräften ist AGIAMONDO sehr wichtig, deshalb sind das AGIAMONDO-Sicherheitstraining, der Lokale Sicherheitsplan und der Krisenstab in Akutsituationen obligatorisch.

 

Während ihrer Vorbereitungszeit nehmen alle Fachkräfte an einem verpflichtenden Sicherheitstraining teil und erstellen kurz nach der Ausreise in ihr Projektland einen Lokalen Sicherheitsplan. Außerdem sind sie zu Sicherheitsfragen im regelmäßigen Austausch mit Ansprechpartner*innen bei AGIAMONDO. Die wichtigsten Aspekte zum Thema Sicherheit aus den Interviews mit den beiden AGIAMONDO-Mitarbeiter*innen Dr. Clara Braungart und Christoph Schlimpert, sind hier zusammengefasst.

Wie helfen die AGIAMONDO-Sicherheitsmaßnahmen den betroffenen Fachkräften?

Fachkräfte wissen schon bei Vertragsunterzeichnung, dass sie im Krisenfall von AGIAMONDO unterstützt und in das Sicherheitsmanagement von AGIAMONDO eingebunden sind. Es gibt jederzeit Ansprechpartner*innen, wenn sie von der aktuellen Situation überfordert sind. Der Zugriff auf Daten ist gewährleistet, damit kurzfristig Flüge gebucht werden können. Für medizinische Notfälle gibt es einen 24-Stunden-Notdienst.  Außerdem gibt es in Krisen eine 24/7 Rufbereitschaft.

Was ist der lokale Sicherheitsplan?

Jede Fachkraft muss sechs Wochen bis drei Monate nach der Ausreise  zusammen mit der Partnerorganisation einen Lokalen Sicherheitsplan (LSP) verfassen. Basis ist die Analyse des persönlichen Umfelds (Arbeiten, Wohnen) und der Situation im Land. Daraus entwickelt die Fachkraft Strategien und Verfahrensabläufe für Risikosituationen. Der LSP wird ggf. von der externen Sicherheitsberaterin begutachtet, die AGIAMONDO berät und sie überprüft LSPs aus Hochrisiko-Ländern. Wahrscheinliche Gefährdungen und deren mögliche Auswirkungen werden in einer Risikomatrix dargestellt. Das Ziel ist, Risiken zu managen, nicht sie zu vermeiden. Zum Managen gehört z. B., die Kontaktdaten von Botschaften und Ärzten oder die Wege von Kindern und Ehepartner*in zu dokumentieren. Oder präventiv ein stets vollgetanktes Auto und zwei SIM-Karten zu haben sowie eine bestimmte Person immer über Fahrten über Land bzw. in Risikogebiete zu informieren.

Warum ist das Sicherheitstraining für Fachkräfte wichtig?

Im Sicherheitstraining wird praktisches Wissen z. B. in Erster Hilfe vermittelt und die Sicherheitskonzeption von AGIAMONDO vorgestellt. Im Rollenspiel üben die Teilnehmer*innen die Situation an Check-Points und analysieren im Anschluss gemeinsam. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die ständige Kommunikation, z. B. zu sagen: "Ich öffne jetzt den Gurt", bevor man die Hand bewegt.
Eine mögliche Sicherheitsstrategie kann die sogenannte Hibernation sein: Man "taucht ab", hält sich für eine begrenzte Zeit ausschließlich in der Wohnung auf. Dafür müssen Lebensmittelvorräte, Kerzen, Batterien, Wasserkanister, Medikamente für diese Zeit vorhanden sein. Praxisnah ist auch der Aufbau der eigenen Resilienz: Wie kann man sich stärken, um mit Krisen umzugehen? Was macht man, wenn das Fitnessstudio unerreichbar ist? Sport hilft Stress abzubauen. Bewegungsübungen zuhause unterstützen. Yoga und Meditation beruhigen. Mit einem Resilienztool können im Seminar eigene Stärken und Schwächen getestet werden, z. B. der Umgang mit einem längeren Stromausfall. Im Ernstfall hilft die Erinnerung an diese durchgespielten Szenarien und an die gefundenen Alternativen.

 

Wissenswert

Ihr Ansprechpartner bei einer Krise und in Sicherheitsfragen

Als ZFD-Referent ist Christoph Schlimpert Ansprechperson für Fachkräfte in Krisen. Er kennt beide Perspektiven, die von AGIAMONDO in Köln und die als AGIAMONDO-Fachkraft in einem "Krisenland". Seine Erfahrungen zeigen wie komplex Krisenentscheidungen sind: Während der Covid-19-Epidemie blieb er in Sierra Leone, weil Maßnahmen wie Händewaschen, Temperaturmessen und Stoffmaskentragen aus der Ebola-Epidemie schnell wiedereingeführt wurden. Als Präsidentschaftswahlen anstanden, war er Wahlbeobachter zusammen mit den Kolleg*innen seiner Partnerorganisation WAYN, obschon Unruhen nicht auszuschließen waren. WAYNE arbeitet politisch mit und für Jugendliche(n). Christoph Schlimpert sah für sich ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn er gerade in der Situation, in der es um Politisches ging, das Land verlassen hätte, zudem erschien die Lage handhabbar.
Diese Haltung sieht der Referent oft auch bei "seinen" Fachkräften: die starke Identifikation mit der Partnerorganisation, das Verbleiben wollen im Land. Oft können Fachkräfte die Risiken für den eigenen Alltag durch Gespräche mit Kolleg*innen sehr gut einschätzen. Bei stark divergierenden Ansichten sucht Christoph Schlimpert den Dialog, um die Situation besser zu verstehen. Immer im Blick muss sein, dass Flughäfen/Grenzen irgendwann geschlossen sein können.

Sicherheitsfragen sind auch schon vor der Ausreise ein Thema. Im Bewerbungsgespräch mit Christoph Schlimpert entwerfen Bewerber*innen ein detailliertes Szenario ihres zukünftigen Alltags am Standort X. Im gemeinsamen Dialog geht es darum "Haken" bzw. verborgenen Hindernissen auf die Spur zu kommen. So kann sich herausstellen, dass ein abgelegener Standort ohne internationale Community oder eine einfache Gesundheitsversorgung nicht das Richtige für die Bewerber*in ist.  Damit wäre eine vorher getroffene Entscheidung obsolet.

Wann wird ein Krisenstab einberufen?

Wenn Fachkräfte die Risiken nicht mehr vor Ort mit ihrer Partnerorganisation managen können, kann die AGIAMONDO-Sicherheitsbeauftrage einen Krisenstab einberufen. Dessen Mitglieder haben Kompetenzen wie Regionalkenntnisse, Erfahrungen im Sicherheitsmanagement und Resilienz. Aufgelöst wird der Krisenstab, wenn alle Fachkräfte in Sicherheit sind und ein Debriefing stattgefunden hat oder die akut gefährdende Lage vorbei und eine normale Programmarbeit wieder möglich ist.

Was leistet AGIAMONDO konkret, wenn eine Krise besteht?

Im Frühjahr 2024 gab es regelmäßige Sicherheitsupdates zu Israel/Palästina, Libanon und Jordanien. Dabei stand die persönliche Situation der Fachkräfte im Fokus. Informationen zu lokalen Lagen kamen von Fachkräften, ZFD-Landeskoordinator*innen, Partnerorganisationen und externen Sicherheitsberater*innen. Sie wurden an die Fachkräfte vor Ort weitergegeben.

Krisen bewältigen nach der Fachkraftzeit

Nach der aktiven Fachkraftzeit können Fachkräfte aus Krisenländern ein psychologisches Debriefing mit externen Psycholog*innen in Anspruch nehmen, um über traumatische oder belastende Erlebnisse zu sprechen.
 

08.01.2025

Interviews/Text: Ursula Radermacher