Was zeichnet die Qualität eines Freiwilligendienstes aus?
Barbara Kerime: Wenn ein junger Mensch für einen freiwilligen Lerndienst ins Ausland geht oder aus dem Ausland zu uns nach Deutschland kommt, bringt dies Verantwortung mit sich – für die Freiwilligen selbst, aber auch für die Träger und deren Partnerstrukturen. Sie alle müssen sich darüber bewusst sein, welche Schritte zu gehen sind, damit der Dienst eine bereichernde Zeit wird. Hierfür braucht es Rahmenbedingungen, die gewährleisten, dass die Freiwilligen gut vorbereitet und begleitet werden und dass sie wissen, wohin sie sich in Krisensituationen wenden können. Auch müssen sie sozial abgesichert sein. Von den entsendenden Trägern und ihren Partnern erfordert das eine gute Zusammenarbeit sowie umfangreiche Leistungen und Kenntnisse – zur pädagogischen Begleitung, zu Reise- und Sicherheitsfragen und, seitdem es die Förderprogramme gibt, auch immer mehr buchhalterisches Wissen. All diese Voraussetzungen machen ein gutes Angebot aus. Um die Träger dabei zu unterstützen, ist die FID seit 30 Jahren aktiv.
Inwieweit haben Förderprogramme wie „weltwärts“ oder „IJFD“ die Qualität der Freiwilligendienste verändert?
Barbara Kerime: Schon bevor 2008 „weltwärts“ und 2011 der IJFD eingeführt worden sind, haben die Träger Qualitätskriterien entwickelt und gelebt. Im ehemaligen FID-Trägerkreis haben die Träger der freiwilligen internationalen Dienste gemeinsam überlegt, was inhaltlich, strukturell und im Dialog mit den Partnern für einen qualitativ guten Freiwilligendienst wichtig ist. Durch die Förderprogramme haben diese Kriterien einen staatlichen Rahmen bekommen, an dem sich nun alle beteiligten Akteure orientieren müssen, und der gewisse Regeln vorgibt. Das hat Freiheiten geschmälert, aber auch Vorteile gebracht. Absprachen zu einem gemeinsamen Partnerverständnis etwa – also mit welchem Ziel die Freiwilligen in den Dienst kommen – können im Rahmen von Partnerkonferenzen verbindlicher ausgehandelt werden. Natürlich hat man sich hierüber vorher auch verständigt, oft aber nur über Mail oder Telefon.
Agnes Fröhlich: Und es wurden mehr Gelder bereitgestellt. Vorher mussten die Freiwilligen für die meisten Kosten selbst aufkommen, das hat vielen den Dienst schon im Voraus unmöglich gemacht. Jetzt kann sich eigentlich jede und jeder einen Freiwilligendienst leisten.
Vanessa Krüger: Neben den genannten formalen und finanziellen Veränderungen hat aber auch ein inhaltlicher Wandel stattgefunden. Seitdem es mehr öffentliche Förderung für Freiwilligendienste gibt, hat sich die Trägerlandschaft stark verändert. Gleichzeitig treten in letzter Zeit kommerzielle Anbieter für Kurzzeitdienste zunehmend prominent auf. Nicht bei allen stehen Lernen, Begegnung und Gemeinnützigkeit im Vordergrund, sondern andere Dinge, wie etwa der individuelle Lebenslauf oder das Abenteuer Ausland. Die Qualität des FIJ, des Freiwilligen Internationalen Jahres, das unsere Träger als gemeinnützige, staatlich anerkannte Organisationen anbieten, ist es aber gerade, sich für eine längere Zeit zu verpflichten und einen gemeinnützigen Dienst zu leisten.