Strukturen aufbauen und stärken

Als ZFD-Fachkraft unterstützt die Religionspädagogin und Sozialarbeiterin Iris Karanja die Diözese Ngong in Kenia bei der Bearbeitung von Ressourcenkonflikten

Als ZFD-Fachkraft unterstützt die Religionspädagogin und Sozialarbeiterin Iris Karanja die Diözese Ngong in Kenia bei der Bearbeitung von Ressourcenkonflikten.

„Die Diözese Ngong umfasst 37 Gemeinden, die entlang der kenianisch-tansanischen Grenze vom Kilimanjaro bis hinter die Maasai Mara verteilt liegen. Es ist eine wunderschöne Landschaft. Leider entstehen immer wieder Konflikte darüber, wem das Land gehört und wer es nutzen darf. Als ZFDFachkraft unterstütze ich die Kommission für Gerechtigkeit und Frieden der Diözese dabei, den Menschen in der Region friedliche
Lösungen aufzuzeigen.”

„Mein Arbeitstag beginnt früh morgens. Meist bin ich im Sekretariat der Diözese in Ngong, wo ich zusammen mit den lokalen Mitarbeiter*innen der Kommission Aktivitäten plane und durchführe. Wenn Workshops oder Trainings stattfinden, fahren wir aber auch in die Gemeinden. In Ngong pflegen wir über den Tag kleine gemeinsame Pausenrituale – etwa die Teezeit, oder das Mittagsgebet. So haben wir Gelegenheit, uns
zwischendurch auszutauschen oder auch einfach mal kurz innezuhalten.“

„Damit die Kommission für Gerechtigkeit und Frieden in den Gemeinden gut funktioniert, bilden wir lokale Ehrenamtliche zu Multiplikator*innen aus. In Narok zum Beispiel gibt es nun zwei aktive „Comissioners“, die bei Landkonflikten vermitteln, Netzwerke pflegen oder sich einfach um Menschen kümmern, die Hilfe benötigen. Als Religionspädagogin und Sozialarbeiterin unterstütze ich die Diözese aber
auch dabei, ihre Arbeitsabläufe gut zu organisieren. Mit einer Workshop-Reihe haben wir zum Beispiel Anfang des Jahres Kolleg*innen darin geschult, wie sie Projektanträge schreiben und so selbst Gelder für ihre Vorhaben mobilisieren können.“

„Die Landkonflikte in Kenia haben komplexe Ursachen: Ethnische Zugehörigkeit, politische Motive, vor allem aber das koloniale Erbe des Landes spielen eine Rolle. Bevor die britische Kolonialverwaltung Gebiete an reiche Siedler verkaufte, hatten Einheimische hier seit Jahrhunderten gelebt, ohne dass es individuellen Landbesitz gab. Wer Land brauchte, bekam es vom Ältestenrat seiner Gemeinschaft zugesprochen. Unter den Briten wurden die meisten indigenen Gruppen in Reservate abgedrängt. Und auch nach der Unabhängigkeit 1963 wurden die Gebiete nicht zurückgegeben, sondern erneut verkauft, wovon anstelle der „kleinen“ Leute wieder nur die Reichen, Einflussreichen
profitieren. Das ist ein Problem, das sich bis heute fortsetzt und zusammen mit anderen Faktoren immer wieder Konfliktpotenzial birgt.“

„Als schönste Momente bei meiner Tätigkeit empfinde ich die Gespräche mit den Menschen. Obwohl ich schon zehn Jahre in Kenia lebe, erfahre ich immer noch so viel Neues, darüber, wie sie denken oder was sie bewegt. Auch der Kontakt zu den Gemeinden ist für mich sehr wertvoll. Es beeindruckt mich, wie viele Kenianer*innen ohne ein sicheres finanzielles Einkommen zurechtkommen. Sie unterstützen sich gegenseitig
und sind unheimlich kreativ. Immer hat jemand eine Idee, wie es weitergehen kann.“

„Ich wohne mit meiner Familie in der Haupstadt Nairobi, die fast schon europäischen Charakter hat. Dort sind wir in der deutschen Kirchengemeinde sehr aktiv, die uns unterstützt, aber auch sozialen Austausch mit deutschen und kenianischen Mitmenschen bietet.
Das finde ich sehr wichtig. Etwas schade ist, dass meine Kinder aufgrund der Verkehrs- und Sicherheitssituation nicht einfach zu Fuß zum Bäcker gehen können oder zur Schule. Sonntags machen wir oft eine kleine Fahrradtour oder gehen Rollschuhlaufen in der
Stadt. Meine Erfahrung ist: Wenn man sich Freiräume schafft, hat man viele Möglichkeiten.“