Schwerpunkt ZFD-Uganda - Live und digital - Diskutieren mit über hundert Teilnehmenden

Patricia Henning unterstützt die Arbeit von Rose Mary Igira, der Koordinatorin des Büros für Frieden und Gerechtigkeit in der Diözese Kotido. Gemeinsam mit ihren Kolleg*innen organisiert die ZFD-Fachkraft Dialogveranstaltungen, oft mit mehreren Hundert Teilnehmer*innen aus verschiedenen Distrikten und Konfliktparteien. Das Interesse sich um ein friedliches Miteinander zu bemühen und bewaffnete Viehdiebstähle zu vermeiden ist groß. Patricia Henning, die einen Masterabschluss in Sozialwissenschaften hat, arbeitet seit Herbst 2018 für die Diözese. Im Interview spricht sie über die aktuelle Situation in Kotido.

Wie haben Sie den Anfang der Pandemie in der Diözese Kotido erlebt?

Die Bedingungen für unsere Dialogveranstaltungen änderten sich über Nacht, als im März der ugandische Präsident und das Gesundheitsministerium im Fernsehen strenge Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Corona Virus ankündigten. Schon am nächsten Tag kontrollierten Polizei und Militär sehr streng. Sie ahndeten Verstöße dagegen teilweise mit Gewalt. Dabei berücksichtigten sie nicht, dass nicht alle Ugander*innen Englisch sprechen und über die am Vorabend beschlossenen Maßnahmen noch nicht informiert waren. Die Gemeindemitglieder der Diözese Kotido sprechen beispielsweise Ngakarimajong und haben kaum Zugang zu Medien. In der Kommunikation vor Ort spielen solarbetriebene Radios und Telefone eine wichtige Rolle, auch wenn nicht jede/r eines besitzt.

Vor Corona: Eine Dialogplattform mit mehreren hundert Teilnehmer*innen, heute finden diese Dialoge nur online statt..
Rose Mary Igira trägt die Landesfarben Ugandas.
Rose Mary Igira bei einer Versammlung zur Konfliktlösung vor der Pandemie.

Was hat sich in Ihrer und in der Arbeit des Büros der Diözese verändert?

Auf diese Art des Vorgehens reagierten meine Kollegin Rose Mary Igira und ich sofort. Als erstes legte Rose Mary eine Beschwerde über das gewaltvolle Vorgehen beim Polizeipräsidenten des Distriktes ein. Wir passten die Arbeit des Büros für Frieden und Gerechtigkeit an die Corona-Situation an und überlegten, wie wir mit Aufklärung Konflikten vorbeugen können. Meine Kollegin übersetzte umgehend die angekündigten Maßnahmen in ihre Muttersprache Ngakarimajong. Dann komponierten wir zusammen mit einem lokalen Sänger, ein Lied über die Corona-Maßnahmen und das Virus, damit die Menschen diese besser verstehen. Das Lied wurde für die Corona-Informationskampagne des Büros genutzt. Im Rahmen der Kampagne produzierten wir viele Radiosendungen zu Nachbarschaftshilfe, der Rolle des Glaubens in Krisenzeiten, der Stigmatisierung/ Diskriminierung von Corona Patienten und weiteren Themen durch. Derzeit beteilige ich mich vom Home-Office in Deutschland aus aktiv an der Arbeit des Büros. Ich habe Ansätze entwickelt, die eine konfliktsensible und partizipative Kommunikation ermöglichen und Themen für die Radioprogramme erarbeitet. Durch finanzielle ZFD-Mittel konnte die Diözese die erforderlichen Desinfektionsmittel und Schutzmasken für ihre Mitarbeiter*innen anschaffen, welches die wichtige Weiterarbeit ermöglichte.

Welche Aktivitäten haben Sie und Ihre Kolleginnen vor Corona durchgeführt? 

Im „Normalbetrieb“ und ohne Corona Lockdown organisiert das Büro Friedensgespräche, zu denen oft mehrere Hundert Teilnehmer*innen aus verschiedenen Gemeinden kommen. Dabei unterstütze ich bei der Konfliktanalyse und Vernetzung mit anderen Friedensakteuren und lokalen Regierungsvertretern. Die Gespräche werden oft über die lokale Radiostation live übertragen. Zudem werden auch Teilnehmer*innen aus anderen Distrikten oder sogar aus den Nachbargemeinden in Kenia per Telefongespräch zugeschaltet oder sie können Kommentare und Fragen über SMS einsenden. Solche Treffen waren nun aufgrund der Kontaktbeschränkungen nicht mehr möglich. Gleichzeitig nahmen die gewalttätigen Vorfälle zu. Zu dieser Zeit versuchten wir ebenfalls über das Radio für ein friedliches Miteinander zu sensibilisieren. Als nach zwei Monaten strengem Lockdown kleinere Treffen wieder erlaubt wurden, mobilisierte das Büro sofort einige Gemeindemitglieder, Partner und das Radio. Dank der Liveübertragung und der Telekonferenz haben auch diese kleinen Meetings - unter Corona-Schutzmaßnahmen - eine große Reichweite, um weiterhin Lösungsansätze für den andauernden Konflikt zu diskutieren.

Interview: Ursula Radermacher

11.08.2020