Neues Lieferkettengesetz: Peru ist nicht nur Rohstofflieferant

Diözese Freiburg

Peru liefert Metalle nach Deutschland und importiert deutsche Technik. Süd-Nord-Fachkraft Vanessa Schäffer-Manrique spricht mit beiden Seiten und informiert zum deutschen Lieferkettengesetz.

 

Peru verfügt über große Metallvorkommen und ist für Deutschland einer der wichtigsten Rohstofflieferanten und gleichzeitig Empfänger deutscher Bergbau- und Umwelttechnologie. Aus dieser Beziehung ergeben sich unternehmerische Vorteile für beide Seiten. Doch was davon kommt bei der Zivilgesellschaft an und inwieweit gehen Umweltbelastungen damit einher? Vanessa Schäffer-Manrique macht als Süd-Nord-Fachkraft bei der Diözese Freiburg diese Themen transparent.

Seit dem 1. Januar 2024 müssen Unternehmen in Deutschland mit mindestens 1.000 Beschäftigten verantworten, dass entlang ihrer globalen Lieferketten Menschenrechts- und Ökostandards eingehalten werden. Dazu gehören faire Löhne, Sicherheit am Arbeitsplatz, keine Kinderarbeit und der Schutz der Umwelt. So ist es im sogenannten Lieferkettengesetz des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales festgelegt. Leider sieht die Realität oft anders aus. "Gerechtere Bedingungen durch neue Gesetze in Deutschland und Europa auf den Weg zu bringen, ist das eine", sagt Vanessa Schäffer-Manrique, "diese in Peru und weltweit anzuwenden, das andere."

Gesetze des Südens und des Norden beachten

Beide Wirkungsbereiche – Richtlinien im globalen Norden und Realitäten im globalen Süden – gehören zum Portfolio der gebürtigen Peruanerin, die im Rahmen des AGIAMONDO Süd-Nord-Programms in der Diözese Freiburg als Beraterin für Klimagerechtigkeit, Bergbau und Menschenrechte in Peru tätig ist. Dabei arbeitet sie mit unterschiedlichen Akteuren zusammen – der deutschen Informationsstelle Peru e. V., die sich für Menschenrechte einsetzt, der peruanischen NGO Redmuqui als Expertin für die lokalen Bedingungen im Bergbau- und Umweltsektor sowie anderen kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Initiativen in Freiburg und ganz Deutschland. Sie alle wollen erreichen, dass Lebenswirklichkeiten in Peru im globalen Norden bekannter werden und in dessen politischen Entscheidungen stärker Berücksichtigung finden.

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Gleichzeitig sollen Schlüsselakteure in Peru besser über politische oder wirtschaftliche Entwicklungen in der EU informiert sein. Ein Beispiel seien die jüngsten Prognosen zum erwarteten Anstieg des Kupferbedarfs in Deutschland, sagt Schäffer-Manrique. "Lokale Regierungen, aber auch zivilgesellschaftliche Kräfte im kupferreichen Peru sollten über diese und andere Nachfrageentwicklungen zügig Bescheid wissen, damit sie sich positionieren können." Diese Kommunikation passiere noch viel zu wenig, sei aber zentral, "zumal sich angesichts des ökologischen und digitalen Wandels im Umwelt- und Ressourcenbereich gerade sehr viel bewegt."

NGO Redmuqui im Gespräch mit der Deutschen Bank

Um einen guten Überblick über die Arbeitsfelder und Akteure in ihrem Sektor zu bekommen und gleichzeitig die Situation in Peru zu schildern, war Vanessa Schäffer-Manriques erstes Jahr bei der Diözese geprägt von Austausch, Netzwerken und vielen Reisen zu Konferenzen und Vortragsveranstaltungen in ganz Deutschland. Neben dem baden-württembergischen Landtag und der IG Metall gehörten unter anderem die DAK, Misereor und auch die Heinrich-Böll-Stiftung zu ihren Partnern. Darüber hinaus organisierte sie mit Kolleg*innen aus der Diözese eine Advocacy-Reise für Vertreter*innen von Redmuqui. Diese kamen nach Deutschland und konnten mit Vertreter*innen der Deutschen Bank über Auswirkungen des Bergbaus in Peru sprechen, wo das Kreditunternehmen als Investor tätig ist.

 

Wissenswert

Vanessa Schäffer-Manrique ist Juristin und spezialisiert auf Umwelt- und Klimagerechtigkeit. In ihrem Heimatland Peru hat sie viele Jahre für die NGO "CooperAcción" gearbeitet. Die NGO setzt sich auf Gemeindeebene für soziale und nachhaltige Landnutzung ein sowie für eine gerechte Verteilung der vorhandenen Rohstoffe. An der Uni Freiburg absolvierte sie ein Masterstudium in "Environmental governance", woran sich ein Engagement bei der "Infostelle Peru" im Bereich Menschenrechte anschloss. Seit Ende 2022 unterstützt Vanessa Schäffer-Manrique die Diözese Freiburg als Süd-Nord-Beraterin für Klimagerechtigkeit, Bergbau und Menschenrechte in Peru.


Während dieser Arbeit lernte Vanessa Schäffer-Manrique nicht nur viel über die Interessen und Bedarfe der europäischen Rohstoffindustrie, sondern auch Deutschland als Kulturraum besser kennen. Vorträge führten sie nach Hamburg, Bochum, Aachen, München, Berlin, und nicht zuletzt auch nach Paris zum jährlich stattfindenden Forum für verantwortungsvolle Rohstoffversorgungsketten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD.

Peru ist ein politischer Akteur mit eigenen globalen Lösungen

"Bei all diesen Begegnungen ist es von Vorteil, dass ich als peruanische Rechtsexpertin mit jahrelanger praktischer Erfahrung sehr spezifisches lokales Wissen anbieten und kommunizieren kann", sagt Schäffer-Manrique. Dabei war und ist ihr stets wichtig, dass Peru nicht als passiver Rohstofflieferant wahrgenommen wird, sondern als politischer Akteur, der in der Lage ist, eigene Kapazitäten für konkrete globale Lösungen zu mobilisieren. Durch die zahlreichen Kontakte, die die Peruanerin mittlerweile in Freiburg und Deutschland aufgebaut hat, ist aber auch ein Gespür dafür entstanden, was die Menschen in Europa bewegt und welche Interessen hiesige Vertreter*innen der Rohstoffbranche verfolgen. "Davon berichte ich wiederum den Partnern in Peru."

Für Letztere könne das neue Lieferkettengesetz jetzt viele Verbesserungen bewirken, wenn allen klar sei, welches die Voraussetzungen sind. Gemeinsam mit Redmuqui hat die Arbeit daran schon begonnen: Ein Beschwerdemechanismus für Menschen aus dem Kupferbergbau wird gerade entwickelt, weitere Advocacy-Reisen sind in Planung.

09.07.2024

Text: Eva Maria Helm/Vanessa Schäffer-Manrique