MISEREOR-Vertrauensmann in Johannesburg

Désiré Nzisabira, Erzbischof Peter Bryan Wells, der Nuncio für das Südliche Afrika, Peter Meiwald, Abteilungsleiter Afrika/Nahost bei MISEREOR und Monsignore Dario Pavisa, der Stellvertreter des Nuncio (von links).

Seit 2014 leitet AGIAMONDO-Fachkraft Désiré Nzisabira die Dialog- und Verbindungsstelle (DVS) von MISEREOR im südlichen Afrika. Von Johannesburg aus hält er den Kontakt zu weit über 100 Projekten in Südafrika, Simbabwe und Lesotho.

 

Désiré Nzisabira begleitet die Organisationen, stellt den direkten Draht zwischen Süden und Norden her und regt die Zusammenarbeit der regionalen Partner an. Es ist ein aufreibender, aber auch erfüllender Job. Jo Da Silva, Entwicklungskoordinatorin der Salesianer in Kapstadt, erinnert sich gut, wann sie Désiré Nzisabira das erste Mal getroffen hat. Als Leiter der MISEREOR-Dialog- und Verbindungsstelle war Nzisabira 2019 Teil einer Gruppe, die sich die Jugendprojekte des Salesianischen Instituts anschaute. Darunter war auch die "Learn to Live School of Skills". "Unsere Schule betreut 250 gefährdete Jugendliche mit geistiger Behinderung, die sozial benachteiligt sind", erklärt Da Silva. "Das sind die Ärmsten der Armen." Nzisabira habe sie eingeladen, bei Misereor einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für diese Schule zu stellen. "Diese Finanzierungsanträge können entmutigend sein", weiß die Korrdinatorin, die auch als Fundraiserin aktiv ist. "Aber er begleitete uns mehrere Monate lang unendlich geduldig durch den Antragsprozess. Ich glaube, er hat sich genauso gefreut wie wir, als wir erfolgreich waren."

Désiré Nzisabira unterwegs mit den Projektpartnern Clement Serekane und Benedict Makhata in einem ländlichen Entwicklungsprojekt der Bethel-Gemeinde in Lesotho (von rechts)
Pater Patrick Naughton, der Leiter des Salasian Youth Institute, Désiré Nzisabira und Jo da Silva, die Entwicklungskoordinatorin der Salesianer (von rechts)
Treffen mit Auszubildenden des TVET-Zentrums (Technical Vocational Education and Training) auf dem Gelände des Berufsbildungszentrums in der Bethel-Gemeinde in Lesotho/Diözese Mohale's Hoek

Man kann etwas in einem Bericht so eloquent beschreiben, wie man will. Aber nur ein Besuch und die Interaktion mit Mitarbeiter*innen und Schüler*innen können die Realität einer Situation wirklich deutlich machen.

Jo da Silva, Entwicklungskoordinatorin der Salesianer in Kapstadt

Impuls für neuen Projektpartner von MISEREOR

Ebenfalls auf Anregung Nzisabiras kooperiert die Schule jetzt mit dem Seniorenheim Noah. Einige der Friseur-Azubis bieten den alten Menschen kostenlose Haarschnitte an; im Gegenzug üben diese mit ihnen das Lesen. "Diese Reise zwischen Alt und Jung ist nur möglich, weil Dr. Nzisabira aus erster Hand mitbekam, was beide Projekte brauchten", ist Jo da Silva überzeugt. Sie freut sich über den MISEREOR-Repräsentanten vor Ort: "Man kann etwas in einem Bericht so eloquent beschreiben, wie man will. Aber nur ein Besuch und die Interaktion mit Mitarbeiter*innen und Schüler*innen können die Realität einer Situation wirklich deutlich machen."

Dialog- und Verbindungsstelle als Brücke zu den Partnerorganisationen

Hinfahren, reden, vernetzen und aufmerksamer Partner für eine Organisation sein: Genau dafür sei er als Leiter der MISEREOR-Dialog- und Verbindungsstelle in Johannesburg da, erläutert Désiré Nzisabira. "Es geht darum, eine physische und permanente Verbindung zwischen Partnerorganisationen, die von MISEREOR unterstützt werden, herzustellen und durchgehend zu bedienen. Die Partner wollen nicht nur das Geld für die Implementierung der Projekte bekommen, sondern auch im Dialog mit MISEREOR bleiben."

AGIAMONDO-Fachkraft zuständig für über 100 Projekte im südlichen Afrika

Nzisabira ist in Burundi aufgewachsen und promovierte in Deutschland im Völkerrecht. Der Jurist blickt auf eine langjährige Erfahrung als Koordinator und Fachkraft in der Entwicklungszusammenarbeit in Afrika zurück. Heute ist er zuständig für knapp 70 Projekte in Südafrika, bis zu 45 in Simbabwe und zwei in Lesotho, möglicherweise kommen bald weitere aus Namibia, Eswatini und Madagaskar hinzu. "Ich versuche, die Partner mindestens einmal im Jahr zu treffen", sagt er. Dazu braucht er eine ausgeklügelte Arbeits- und Reiseplanung. Unterstützt wird er von einer Finanzangestellten.

Auszubildende des TVET-Zentrums zeigen die Montage von Solarmodulen in ihrer Werkstatt.
Pater Patrick Naughton, Jo da Silva und Désiré Nzisabira treffen sich im Salesianerhaus in Kapstadt (von rechts).
Pater Hugh O'Connor, Generalsekrär der Südafrikanischen Bischofskonferenz (SACBC) und Désiré Nzisabira auf dem Gelände des Sekretariats (von links)

Themenvielfalt von Ernährungssicherheit bis hin zur Klimagerechtigkeit

Es ist ein herausfordernder, aber auch zufriedenstellender Job, findet Nzisabira. Es gefällt ihm, engagierte Menschen und Initiativen unterstützen zu können, die in ihrem Land etwas verbessern wollen. Er mag die große Themenvielfalt: Das Spektrum der Projekte geht von Ernährungssicherheit und Klimagerechtigkeit bis hin zu beruflicher Bildung, Gesundheit, Stadtentwicklung und würdevollem Wohnen.

Mit so einer Stelle wächst das Vertrauen zu uns als Institution. Wir arbeiten hart daran, von unseren Partnern ebenfalls als Partner wahrgenommen zu werden und nicht nur als Bank, die Projekte finanziert.

Peter Meiwald, Abteilungsleiter Afrika/Nahost bei MISEREOR

Dialog- und Verbindungsstellen bringen neue Qualität in den Dialog

Die Dialog- und Verbindungsstelle im südlichen Afrika wurde 1995 als erste ihrer Art von MISEREOR gegründet. Sie hatte bis 2018 ihren Sitz in Harare/Simbabwe, zog dann aus logistischen Gründen ins zentraler gelegene Johannesburg um. "Ich bin ein großer Fan des Dialog- und Verbindungsstellenkonzepts", sagt Peter Meiwald, Abteilungsleiter Afrika/Nahost bei MISEREOR in Aachen. "Gerade, weil diese Stellen nicht direkt mit dem operativem Geschäft zu tun haben, also der Projektbewilligung oder den Finanztransfers. Das bringt eine andere Qualität in den Dialog." Inzwischen hat MISEREOR weitere DVS in Afrika, dem Nahen Osten, Asien und Südamerika.

"Mit so einer Stelle wächst das Vertrauen zu uns als Institution", betont Peter Meiwald. "Wir arbeiten hart daran, von unseren Partnern ebenfalls als Partner wahrgenommen zu werden und nicht nur als Bank, die Projekte finanziert. Das können wir von Deutschland aus oft nicht kommunizieren. Der Haupteffekt der DVS ist also, dass wir durch den direkten Dialog verstärkt als Partner im Prozess einer sozial-ökologischen Transformation betrachtet werden."

Die Partner wollen nicht nur das Geld für die Implementierung der Projekte bekommen, sondern auch im Dialog mit MISEREOR bleiben.

Désiré Nzisabira, AGIAMONDO-Fachkraft

Besuche im Projekt festigen Commitment der Spender*innen

In seinem Alltag trifft Désiré Nzisabira immer wieder auf Projekte, die ihn besonders beeindrucken. So wie die "Zimbabwe Parents of Handicapped Children's Association", die sich für die Rechte, Versorgung und die Inklusion von Kindern mit Behinderung einsetzt. "Die Organisation ist klein, aber unglaublich wirkungsvoll", berichtet Nzisabira. Mit ihrer beharrlichen Arbeit sorgte die Gründerin Theresa Makwara dafür, dass in Simbabwe die extreme gesellschaftliche Missachtung von Kindern mit Behinderung aus der Tabuzone geholt wurde. Inzwischen haben sie das Recht, öffentliche Schulen zu besuchen. "Das ist eine Organisation, die mir total viel Mut und Glaube an das Gute gibt", erzählt Nzisabira. Er brachte einen deutschen Großspender, der über MISEREOR das Projekt unterstützt, zu der Organisation nach Harare. Auch solche Reisen gehören zu seinem Auftrag. "Das Commitment und die Motivation solcher Spender und ihrer Netzwerke steigt, wenn sie sehen, was man damit erreicht", erklärt er.

 

Wissenswert

Die erste Dialog- und Verbindungsstelle eröffnete MISEREOR 1995 in Simbabwe. Von Harare aus betreute eine Fachkraft – zunächst noch mit einem größeren Team – die MISEREOR-Projekte im südlichen Afrika. Die Idee war, eine weitere Ebene des direkten Austausches mit den Partnerorganisationen zu eröffnen. Die Dialog- und Verbindungsstellen haben ausdrücklich nicht direkt mit dem operativen Geschäft zu tun. Sie sind also nicht zuständig für Projektbewilligungen oder finanzielle Entscheidungen rund um die Projekte, sondern beraten, motivieren und schalten sich ein, wenn ein Projekt Probleme hat. Der Leiter der DVS wird als eine Art "Botschafter" verstanden, der vor Ort mit den Partnerorganisationen im engen Dialog auf Augenhöhe ist. Er sorgt für den Kommunikationsfluss von Süden nach Norden und umgekehrt und vernetzt auch die Partnerorganisationen in der Region untereinander. 2018 zog die DVS von Harare ins zentraler im Zuständigkeitsbereich gelegene Johannesburg in Südafrika um und ist inzwischen für über 100 Projekte zuständig. MISEREOR betreibt heute weitere DVS in Afrika, dem Nahen Osten, Asien und Südamerika.

 

Andere Aufgaben sind politisch herausfordernd. So organisierte Nzisabira einen Austausch von Vertretern der katholischen Kirche von Simbabwe mit dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit des Deutschen Bundestags. Gegen Simbabwe wurden Sanktionen verhängt, weil die Menschenrechte dort missachtet werden. Aber die Bischöfe hatten sich für die Lockerung dieser Maßnahmen ausgesprochen, weil sie nicht in erster Linie die politisch Verantwortlichen, sondern vor allem die Bevölkerung hart treffen. Durch die Vermittlung des DVS-Leiters hatten sie nun die Möglichkeit, den Deutschen ihre Argumente zu erläutern.

Fachkraft als wertvolle Informationsquelle

Auch wenn ein Projekt mal aus dem Ruder läuft, ist es gut, einen Mann vor Ort zu haben. "Er kann den Partnern Hilfestellung anbieten und mit ihnen darüber sprechen, welche Unterstützung sie sich im Rahmen von Beratertätigkeit oder Kurzzeitinterventionen holen können", erklärt Peter Meiwald. "Aber ganz bewusst ist er in der Rolle eines Beraters und nicht eines Kontrolleurs. Dafür gibt es unsere Buchprüfer*innen und Finanzadministrator*innen."

Meiwald sieht als weiteres Plus der DVS, dass sie eine "unschätzbare Informationsquelle" für MISEREOR ist, was die wirtschaftliche und politische Situation in den Ländern angeht. "Désiré Nzisabira ist supervernetzt mit den Botschaften, Stiftungen und den lokalen NGOs und kann sehr viel Wissen bei uns einspeisen", betont der Abteilungsleiter. Dafür kann Nzisabira die Abteilungsbesprechungen nutzen. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie nimmt er daran jede Woche per Zoom teil.  

14.02.2022

Text: Carmen Molitor