Die 61-jährige Bonner Fachkraft ist nicht nur in der Entwicklungszusammenarbeit sondern auch in der Nothilfe und im Consulting aktiv. Zudem engagiert er sich in der Interessensvertretung bei AGIAMONDO, wo er andere Fachkräfte bei Fragen und Problemen unterstützt. Der gelernte Bauarbeiter ist Realist, kein Träumer oder Visionär. "Ich backe lieber kleinere Brötchen, als nur auf das große Ganze zu schauen", sagt Recker. "Und versuche, das gut zu machen."
Nothilfe, Gesundheits- und Frauenprojekte in Afghanistan
In seinen neun Jahren in Afghanistan hat das von ihm geführte Team das Portfolio der Caritas kontinuierlich erweitert – von Nothilfe über psychosoziale Unterstützung bis hin zu Gesundheits- und Frauenprojekten – und ein breites Netzwerk lokaler und überregionaler Partner geknüpft. "Wir als Team haben da schon einiges geschafft," findet Recker. Er betont, dass es nicht er allein, sondern das gesamte Team ermöglicht hat. Unter anderem ist ihnen gelungen, wiederholt Mittel aus dem humanitären Fonds von OCHA, der Nothilfeabteilung der Vereinten Nationen, zu akquirieren. "Damit konnten wir uns als Caritas in Afghanistan, aber auch weltweit gut positionieren", so Recker. Denn eine OCHA-Finanzierung gelte bei anderen Gebern als Indikator dafür, dass eine Organisation gut arbeitet.
Berufliche Erfahrungen in neuen Jobs nutzen
Die Erfahrungen und Fähigkeiten, die er an verschiedenen Standorten gesammelt hat, nimmt er mit in neue Arbeitsfelder. So habe er vorsichtiges, diplomatisches Vorgehen in Afghanistan gelernt und in Haiti darauf zurückgreifen können, um erfolgreich arbeiten zu können. "Haiti ist sehr komplex und besonders Weiße müssen sehr umsichtig auftreten", sagt er. Obwohl die Länder seiner Mitarbeit sehr unterschiedlich waren, gelte überall, "erst mal zu schauen, wie die Arbeit dort funktioniert und zuzuhören, ohne den Partnern gleich Lösungen aufzudrängen."
In den Vorbereitungsseminaren und in vertiefenden Seminaren zwischen den Fachkraftverträgen erwarb Recker Wissen zu Sicherheit, Ernährung, Wasser- und Sanitärversorgung, Personalführung und lernte Sprachen wie Russisch, worauf er stolz ist. Gelernt hat er aber auch aus Fehlern. "Beim ersten Mal in Afghanistan wusste ich zu wenig von dem Land und hätte mich stärker mit der Situation beschäftigen sollen," räumt Recker ein.
Wiederaufbau in der Ukraine unterstützen
Seit November 2023 ist Stefan Recker für Caritas international als Fachkraft für Wiederaufbau im ukrainischen Lwiw tätig, doch in ein Projektgebiet im Land gereist ist er erst im Juni 2024 für eine Woche. Denn wegen des Krieges gelten strenge Sicherheitsvorschriften für das Team. Die meisten Partner sitzen zudem im 500 Kilometer entfernten Kyjiw. Daher finde der Austausch vor allem online statt.
Die Arbeit in der Ukraine sei sehr unterschiedlich im Vergleich zu seinen vorherigen Fachkraftengagements in anderen Ländern. Es sei andere Art der Kooperation, weil die Partner in der Ukraine innerhalb zweier etablierter Caritas-Strukturen – die der römisch-katholischen und die der griechisch-katholischen Kirche – agieren. Die AGIAMONDO-Fachkraft berät die ukrainischen Caritasorganisationen auf nationaler Ebene bei der Projektentwicklung, etwa zu Vergaberegeln, Anträgen oder Zielgruppen. Die eigentliche Umsetzung liege dann aber in der Verantwortung der lokalen Caritas-Partnerorganisation. Geplant ist zunächst ein kleineres Bauprojekt in der Region Mykolajiw, bei dem durch russische Angriffe beschädigte Häuser renoviert werden. Später soll ein größeres Projekt mit Drittmitteln folgen.
In Afghanistan habe seine Arbeit aber mehr bewegen können, meint Recker. "So etwas würde ich mir für die nächsten Jahre vor der Rente wünschen", sagt er. Genug Erfahrung dafür hat er.
16.09.2024
Text: Angelika Söhne