Interreligiöser Dialog: "Wir holen die Jugend mit ins Boot"

CIRDE

Den Austausch zwischen den Religionsgemeinschaften fördert die kenianische Kommission für Interreligiösen Dialog und Ökumene (CIRDE) u. a. mit Schulungen für religiöse Autoritäten. Nun wird das Partnernetzwerk ausgeweitet: Für den Sommer-Workshop hat ZFD-Fachkraft Philipp Conrad die Katholische Jugend ins Boot geholt.

 

Das Ganze soll aktiver werden, mit mehr Bewegung, mehr Schwung. "Und konkreten Aktionsplänen für Projekte, bei denen Jugendliche in ihren Gemeinden interreligiösen Dialog nachhaltig gestalten." Philipp Conrads To-Do-Liste für den heutigen Arbeitstag ist lang, damit er diesem Vorhaben ein Stückchen näherkommt. Anfang Juni soll das dreitägige Training stattfinden, bei dem rund 60 junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren aus den 26 Diözesen des Landes zusammenkommen. Da bleibt nicht mehr viel Zeit. Einladungen müssen verschickt, ein geeigneter Veranstaltungsort und Unterkünfte gefunden werden. Zum angesetzten Fokus "Umweltbezogene Friedensförderung" will Conrad heute noch kooperative Arbeitsmethoden sammeln und dafür um 10 Uhr mit einem Experten telefonieren. Das Thema selbst ist für ihn und seine Kolleg*innen nicht neu. Die Zielgruppe allerdings schon.

Ein Netzwerk entsteht

Seit seiner Gründung 2019 hat CIRDE jedes Jahr zahlreiche Trainings organisiert, die mehr Wissen über andere Religionen in die Diözesen tragen, mehr Austausch, Zusammenarbeit und gegenseitige Wertschätzung unter den Glaubensgemeinschaften fördern sollen. "Angesprochen haben wir erst unsere Priester", erklärt Conrad, "da es uns sinnvoll erschien, zunächst die internen Strukturen der katholischen Kirche zu stärken und dann die Leute gut aufzustellen." 

Da das kleine Team von CIRDE, bestehend aus drei Mitarbeiter*innen, aufgrund der immensen Entfernungen nicht in jede einzelne Diözese fahren konnte, wurden jeweils Vertreter*innen zu Koordinator*innen und lokalen Ansprechpartner*innen für das Thema IRD ernannt und die Trainings in den vier Kirchenprovinzen des Landes gebündelt. Auf diese Weise konnte ein Netzwerk für Wissensvermittlung und Austausch entstehen, in dem inzwischen alle Diözesen mitwirken.

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Von der Toleranz zur Zusammenarbeit

"Ende 2021 haben wir dann angefangen, andere christliche Gruppen und Vereine anzusprechen und im Rahmen unserer Trainings sogenannte Exposure Trips zu organisieren", sagt Conrad. Gemeinsame Moscheebesuche wurden unternommen und Referent*innen anderer Glaubensgemeinschaften zu Vorträgen eingeladen. Das kam gut an und ist mittlerweile fester Bestandteil jedes Trainings. "Die Interaktion mit anderen Religionen schafft Verbindung und Verständnis", so Conrad. Viele ihrer lokalen Koordinator*innen hätten vorher noch nie Kontakt zu Muslimen, Hindus oder Kayas, Angehörigen einer Naturreligion von der Küste Kenias, gehabt. Angst und Misstrauen seien oft die Folge, vor allem, wenn Gewalt passiert, die mit bestimmten religiösen Gruppen in Verbindung gebracht wird.

So kann Religion zum Zündstoff für Konflikte werden – gerade in Gesellschaften, wie der kenianischen, in denen der Glaube für die Menschen eine sehr wichtige Rolle spielt. Er bedeutet Zugehörigkeit, Halt und Orientierung. Religiöse Symbolik ist auf der Straße überall sichtbar, Glaubensthemen durchdringen den Alltag. CIRDE möchte vermitteln und aufklären, damit aus einem Nebeneinander ein Miteinander wird, aus Toleranz Zusammenarbeit.

Motiviert und entschlossen

"Das ist ein langer und schwieriger Prozess", sagt Conrad. Immer wieder erlebe er Menschen, die zweifelten. Aber auch Menschen, die sich öffneten und Interesse zeigten. So wie die Jugendlichen des National Catholic Youth Council, für die CIRDE im Sommer das nächste Training organisiert. Die Partnerschaft entstand, nachdem CIRDE von einer Jugendgruppe zu einem Treffen eingeladen wurde, um interreligiösen Dialog als Methode der Friedensarbeit vorzustellen. "Da habe ich gemerkt, die sind motiviert und entschlossen und haben Lust auf Zusammenarbeit."

Am liebsten würde Philipp Conrad in allen Diözesen Kenias Jugendliche mobilisieren, die sich für den interreligiösen Dialog einsetzen. Vielleicht, so plant er, könnte CIRDE bei besonders innovativen Projektideen die Finanzierung mitorganisieren. Damit die Jugendlichen gute Beispiele kennenlernen und Anregung finden, hat er gerade eine Referentin des UN-Umweltprogramms zum Training eingeladen, die über das interreligiöse Projekt "Faith for Earth Initiative" berichten soll. Interreligiöses Miteinander kann viele Formen haben. Philipp Conrad und das Team von CIRDE helfen, sie zu finden.

 

Wissenswert

Die Kommission für Interreligiösen Dialog und Ökumene, CIRDE, wurde 2019 von der Kenianischen Bischofskonferenz gegründet. Ziel ist es, durch Schulungen und andere Aktivitäten in den 26 Diözesen des Landes Verständnis und Kooperationen zwischen den Religionsgemeinschaften zu fördern und ihren konstruktiven Austausch zu unterstützen. Philipp Conrad ist seit der ersten  Stunde dabei und als Fachkraft für Organisationsentwicklung und Friedensarbeit an der Seite seiner Kolleg*innen in Nairobi tätig. Unterstützt wird CIRDE durch IRDIS, das Institut für Interreligiösen Dialog und Islamstudien, am katholischen Tangaza University College. IRDIS, ebenfalls vom ZFD von AGIAMONDO unterstützt, hat wesentlich zum Aufbau des Partner-Netzwerks und der Entwicklung der Trainings beigetragen.

12.07.2023

Text: Eva Maria Helm, Philipp Conrad

Dieser Artikel stammt aus dem AGIAMONDO-Magazin "Contacts", Ausgabe 1/2023. Zum Download der Gesamtausgabe.