„Jetzt erst recht!“ – Die Friedensarbeit des ZFD als verlässliche Konstante in Zeiten von Corona

AGIAMONDO

Im November fand die Jahreskonferenz des ZFD-Weltteams von AGIAMONDO (früher Koordinator*innentage) zum ersten Mal digital statt. Teilnehmende waren die ZFD-Koordinator*innen aus 14 Ländern, Mitarbeiter*innen der Geschäftsstelle sowie die Berater*innen auf Zeit des ZFD. Zentrale Frage war, wie die internationale Zusammenarbeit für einen gerechten Frieden unter den Bedingungen der Corona-Pandemie gestaltet werden kann, um die Partnerorganisationen bestmöglich zu unterstützen.

Die Corona-Pandemie trifft die Gesellschaft fragiler Staaten besonders hart. Prekäre Lebensbedingungen und Armut begünstigen die Ausbreitung des Corona-Virus und führen zu einer Zunahme sozialer Spannungen und häuslicher Gewalt. Konflikte werden durch Versorgungsengpässe, Einkommensverluste, Unsicherheit und Ängste verschärft. Manch autoritäres Regime missbraucht die präventiven Maßnahmen gegen das Virus, um die Menschenrechte und die Spielräume der Zivilgesellschaft weiter einzuschränken. Gerade jetzt ist es also wichtig, die Friedensarbeit fortzuführen und den Partnerorganisationen zur Seite zu stehen – um aufkommende Konflikte zu entschärfen, sozialen Unruhen vorzubeugen und Menschenrechte zu schützen.

Gleichzeitig hat sich die Zusammenarbeit zwischen Partnerorganisationen, Fachkräften und Koordinator*innen durch die Maßgabe, soziale Distanz einzuhalten, grundlegend und langfristig verändert. Die Suche nach neuen Formen der Zusammenarbeit, die verschärften Konfliktdynamiken vor Ort und die Sorge um die Gesundheit machen internationale Friedensarbeit für alle Akteur*innen zu einer Herausforderung. Im Rahmen der Jahreskonferenz zeigten die ZFD- Koordinator*innen eindrücklich, welche Stärken und Potenziale den ZFD gerade in Zeiten großer Verunsicherung auszeichnen.

Silke Pietsch-Cooper, Koordinatorin des Landesprogramms Kenia, analysierte gemeinsam mit den Partnerorganisationen und internationalen Fachkräften die Auswirkungen von Corona auf die Friedensbedarfe und Konfliktfaktoren. Gerade durch die Pandemie haben die bisher gesteckten Ziele und die gewählten Arbeitsansätze an Dringlichkeit gewonnen. „Corona ist bei weitem nicht das Schlimmste was uns in Kenia an Herausforderungen begegnet“, sagt Silke Pietsch-Cooper. Viel mehr wirke Corona als Katalysator für Konfliktfaktoren, die schon lange im Rahmen des ZFD-Programms bearbeitet werden. So engagierten sich Partnerorganisationen und Fachkräfte zum Beispiel bereits seit einiger Zeit dafür, die Bevölkerung für das Phänomen der „Fake News“, also gezielt gestreuter Falschinformationen, zu sensibilisieren und ihre Kompetenzen für den Umgang damit zu stärken. Dies wurde seit Beginn der Corona-Pandemie intensiviert, da sich der Bedarf nach verlässlichen Informationen verstärkt hat.

Martina Richard, Koordinatorin des Regionalprogramms Zentralamerika
Silke Pietsch-Cooper, Koordinatorin des Landesprogramms Kenia
Florian Schöpperle, Koordinator des ZFD-Landesprogramm Timor-Leste

Im ZFD-Landesprogramm Timor-Leste ist der Bereich Friedensjournalismus schon lange ein fester Bestandteil des Engagements vor Ort, der als Antwort auf die Corona-Pandemie nochmals ausgebaut wurde. Kurzfilme und Radiobeiträge stärken das Bewusstsein für den Umgang mit dem Virus und liefern gleichzeitig verlässliche Informationen zum aktuellen Stand der Pandemie im Land. In Zusammenarbeit mit der nationalen Corona-Präventions-Task-Force beteiligen sich die Partnerorganisationen und Fachkräfte an Informationskampagnen, um einer Verbreitung des Virus vorzubeugen. Besonders populär ist dabei der Radiosong „Fase Liman“ in der Landessprache Tetum (zu deutsch  „Hände waschen“), der mittlerweile  in Timor Leste überall zu hören ist. Darüber hinaus steht für den Koordinator des Landesprogramms, Florian Schöpperle, fest, dass den ZFD in der Corona-Krise besonders die Präsenz vor Ort und die Kontinuität des Engagements auszeichnet: „Viele Organisationen haben das Land verlassen und Projekte liegen brach. Aber wir sind während der Krise vor Ort geblieben und haben weitergemacht!“.

Dass Friedensarbeit im Grunde Beziehungsarbeit ist, hat im ZFD-Konzept von AGIAMONDO mit dem Prinzip der Partnerorientierung einen festen Platz. Verlässliche und langfristige Beziehungen zu den Partnerorganisationen erweisen sich in der Pandemie als stabiles Fundament für die Entwicklung von kreativen Bewältigungsstrategien der Krise.  Die Koordinatorin des Regionalprogramms Zentralamerika, Martina Richard, berichtet: „Wir haben es geschafft Kontinuität herzustellen, weil es uns gelungen ist, in Kontakt mit den Jugendlichen zu bleiben, die in Dörfern leben, die durch den Lock-Down abgeschottet wurden“. Partnerorganisationen boten digitale Workshops an, an denen die Jugendlichen über ihre Handys teilnahmen und sich so miteinander vernetzen und austauschen konnten. Zum Thema Menschenrechte entstanden zahlreiche kleine Videos, die den digitalen Raum in kreativer Weise als Ort der Begegnung und des politischen Zusammenkommens erschlossen. Dank der Kreativität und Flexibilität der ZFD-Akteur*innen ist das Internet durch die Corona-Pandemie besonders schnell als Ort der Friedensarbeit erobert worden.

Wenn soziale Distanz geübt werden muss, droht Kommunikation abzubrechen, die das Fundament für die Aufrechterhaltung des Partnernetzwerks im ZFD sind. Trotzdem gelang es in vielen Regional- und Landesprogrammen die Verbindungen zwischen Partnerorganisationen und deren Zielgruppen, Fachkräften und Koordinator*innen aufrechtzuerhalten und zu intensivieren. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die beteiligten NGOs und kirchlichen Organisationen für viele Menschen schon seit langer Zeit Gemeinschaft und Solidarität stiften. Dadurch sind stabile Strukturen gewachsen, die auch in der Corona-Pandemie allen Beteiligten die Botschaft vermitteln: „Ihr seid nicht allein“.

Text: Barbara Schmalen/ Katharina Engels

15.12.2020