Internationaler Fachaustausch des Konsortiums ZFD zum Themenschwerpunkt Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit und Versöhnung

David Rampf

Vom 8. bis 13. Mai fand in Berlin ein Austausch zwischen Fachkräften und Vertreter*innen von Partnerorganisationen aller Durchführungsorganisationen des Zivilen Friedensdienstes aus dreizehn Ländern statt. Dabei ging es um das Thema "Dealing with the Past" – zu Deutsch "Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit und Versöhnung".

 

Bei dem Fachaustauch mit 45 Teilnehmer*innen aus Kolumbien, Mexiko, Guatemala, Nicaragua, Sri Lanka, Nepal, Kambodscha, dem Libanon, dem Kosovo, Uganda, Simbabwe, der Ukraine und Liberia lag der Fokus auf der Frage nach den Berührungspunkten und dem Zusammenwirken von psychosozialer Arbeit und sozialer Transformation in Prozessen der Gewaltüberwindung. Vor dem Präsenztermin hatte es bereits drei virtuelle Treffen gegeben, bei denen sich die Teilnehmer*innen kennenlernen und Grundfragen zu "Dealing with the Past" diskutieren konnten – einem Schwerpunktthema des Zivilen Friedensdienstes (ZFD) von AGIAMONDO.

Eindrücke zu "Dealing with the past" aus verschiedenen Ländern

Die Präsenzveranstaltung in Berlin bot die Möglichkeit, Einblicke in verschiedene Kontexte, Erfahrungen und Ansätze im Handlungsfeld von "Dealing with the Past" zu bekommen. Bei einer Live-Schaltung zu einer Kollegin in der Ukraine, die aufgrund der aktuellen Situation nicht nach Berlin hatte reisen können, gewannen die Teilnehmer*innen einen Einblick in die Herausforderungen des Lebens und Arbeitens unter der Bedrohung direkter Gewalt und diskutierten die herausfordernde Frage, was Frieden bedeutet und wer den Preis dafür bezahlt. Außerdem rückten ZFD-Fachkräfte aus Kambodscha die aktuellen Entwicklungen in dem südostasiatischen Land in den Fokus. Sie gewährten konkrete Einblicke in die Tiefe der notwendigen Transformationsprozesse sowie in die Bedeutung eines ganzheitlichen Ansatzes, der psychosoziale Arbeit und soziale Transformation verknüpft. Anhand der Erfahrungen von ZFD-Fachkräften und Vertreter*innen von Partnerorganisationen aus Kolumbien diskutierten die Teilnehmer*innen die Herausforderungen im Umgang mit anhaltender Gewalt trotz und während eines scheinbar klar definierten Friedensprozesses. ZFD-Fachkräfte und Vertreter von Partnerorganisationen aus Liberia präsentierten ihre Arbeit und damit ein anderes Bild von "Dealing with the past": Die Arbeit an dem Themenschwerpunkt ist dort vor allem von dem Versuch gekennzeichnet, auf psychosozialer Ebene Grundlagen zu schaffen, damit gesellschaftliche Transformationsprozesse initiiert werden können.

Dr. Friederike Repnik
Dr. Friederike Repnik
Dr. Friederike Repnik
David Rampf

"Vielschichtige Kontexte, Erfahrungen und Ansätze"

Open Space Sessions, vor allem aber auch Kaffeepausen, gemeinsame Mittagessen und die Abende schufen zudem Möglichkeiten, auch in die anderen Kontexte, Erfahrungen und Fragen einzutauchen. Bei Exkursionen in Berlin stand die Frage nach der Bedeutsamkeit von intergenerationaler Arbeit, von Biografiearbeit und der Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Mittelpunkt. "All diese Begegnungen und Elemente zusammen machen deutlich, wie vielfältig und vielschichtig die Kontexte, Erfahrungen und Ansätze in diesem Feld sind und wie komplex die Arbeit in Prozessen der Gewaltüberwindung ist", so Dr. Friederike Repnik, Beraterin auf Zeit zum Thema "Dealing with the past" bei AGIAMONDO. Es werde sichtbar, so Repnik weiter, dass hier nicht über lineare Prozesse mit klar definiertem Anfangs- und Endpunkt gesprochen werden könne, sondern vielmehr über zirkuläre Prozesse, bei denen psychosoziale Arbeit und soziale Transformation eng miteinander verknüpft seien. 

"Spezifische Fachlichkeit" zu "Dealing with the past" bei AGIAMONDO

Besonders beeindruckend sei die Art und Weise gewesen, wie die Teilnehmer*innen diesen Raum genutzt hätten, um sich gegenseitig zu qualifizieren und zu ermutigen. Sie beschrieben den Austausch als geschützten Rahmen, der dazu beitrage, die eigene Arbeit zu reflektieren, gemeinsam zu lernen und auch gemeinsam die eigene Selbstfürsorge nicht aus dem Blick zu verlieren. Daher hätten auch Momente des gemeinsamen Schweigens, Betens und Meditierens eine wichtige Rolle gespielt. "Durch diese gemeinsamen Erfahrungsräume entsteht ein Netzwerk, bei dem spürbar ist, dass über die ZFD-Träger und -Kontinente hinweg ein gegenseitiges Verständnis für die Herausforderungen im Umgang mit Gewalterfahrungen besteht. Ein Netzwerk, das die Vielfalt nicht scheut, sondern vielmehr nutzt, um zusammen zu lernen", fasste Friederike Repnik zusammen. Zum Abschluss des Treffens diskutierten die Teilnehmer*innen die Möglichkeiten, wie nach dem Fachaustausch im Netzwerk weiter zusammengearbeitet werden kann, welche Ideen und Initiativen für vertieften Austausch es gibt bzw. geben kann.

Zur Expertise von AGIAMONDO zum Schwerpunkt "Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit und Versöhnung" führte Repnik aus, dass bei dem Treffen deutlich wurde, dass durch das AGIAMONDO-Schwerpunktthema "Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit" bereits im Vorfeld eine vertiefte inhaltliche, aber auch strategische Auseinandersetzung mit Partnern und Fachkräften und vor allem auch eine Vernetzung stattgefunden habe und anhaltenden stattfinde. "Auch was die inhaltliche Vorbereitung und Mitwirkung in der Arbeitsgruppe 'Dealing with the past' des Konsortium ZFD und in diesem Zusammenhang die Programmgestaltung des Workshops angeht, bringt die Tatsache, dass ich mich als Beraterin auf Zeit bei AGIAMONDO voll und ganz auf das Themenfeld konzentriere, Kontinuität, konkrete Erfahrungen und eine spezifische Fachlichkeit ein", so Friederike Repnik.

 

Text: Theresa Huth

20.05.2022