In einem am Hang gelegenen Viertel von Cali bewohnt Rosa Isignares zwei Zimmer. Zusammen mit drei Kindern sowie Enkeln und Urenkeln hat sie es noch vor Beginn der Corona-Pandemie aus Venezuela in die westkolumbianische Metropole geschafft. Rosa hat viel erlebt – Verlust, Existenznot, Gewalt. Doch nun hat sie Halt gefunden. „Ich meine keine finanzielle Unterstützung“, sagt sie, „sondern freundliche Worte, Rat und Solidarität.“
Gewalt als Unrecht begreifen
Rosa ist Mitglied einer Frauengruppe, die die Dirección de Reconciliación y Paz (Direktion für Versöhnung und Frieden) der Erzdiözese in Cali in ihrer Nachbarschaft gegründet hat. Einmal pro Woche finden Treffen statt, die von den Mitarbeiter*innen der Dirección eng begleitet werden. Es geht darum, den Frauen zu vermitteln, dass sie nicht allein sind, dass sie sich gegenseitig unterstützen können und Unrecht nicht einfach ertragen müssen.
„Viele erfahren erst durch uns, dass es nicht normal ist, wenn ihr Ehemann sie schlägt oder unterdrückt“, sagt Adriana Lozada, Koordinatorin der Frauenarbeit bei der Dirección. Insbesondere in den ärmeren, dicht besiedelten Stadtteilen nähmen die sozialen Spannungen spürbar zu. Arbeits- und Orientierungslosigkeit, aber auch eigene Gewalterfahrungen führten bei vielen Männern zu Frust und Aggressionen, die sie dann an ihren Frauen ausließen, erklärt Lozada. Umso wichtiger sei es, dass die Frauen ihre Rechte kennen, damit sie sich besser vor Gewalt schützen können.
Empowerment durch Aufklärung
Genau diese Begleitung bietet die Dirección den Frauen an. Neben psychosozialer und rechtlicher Beratung finden bei den Gruppentreffen regelmäßig Workshops über Partizipation, Menschenrechte und Solidarität statt. Außerdem sprechen Lozada und ihre Kolleg*innen das Gewaltproblem im Radio an oder verschicken Aufklärungsvideos per Messenger an die Haushalte. Inhaltlich wie methodisch werden sie dabei von AGIAMONDO-Fachkraft Anna-Lena Diesselmann unterstützt, die als Spezialistin für psychosoziale Interventionen für die Schweizer Organisation comundo in Kolumbien arbeitet. Sie berät die Mitarbeiter*innen der Dirección fachlich zu Menschenrechtsarbeit, begleitet sie aber auch zu den Gewaltbetroffenen.