Fester Boden für traditionelle Landnutzung: Wirksames Engagement zum Schutz von Landrechten in Uganda

Während einer großen Zeremonie im August 2022 konnten insgesamt sieben offizielle Landtitel an vier Communal Land Associations übergeben werden, deren Gemeinschaftsland dadurch für die Zukunft gesichert ist.

In der Region Karamoja im Norden Ugandas unterstützt der Land Desk der Diözese Moroto lokale Gemeinschaften bei der offiziellen Anerkennung ihres Landes und wirkt so Konflikten und Vertreibung entgegen. Das Projekt erhielt in diesem Jahr den AGIAMONDO Engagementpreis.

 

Eliya Lomiat weiß genau, dass das Land am Fluss Oruk rund um das Dorf Katikekile Gemeindeland der Hirtengemeinschaft Tepeth ist. Er weiß, dass ein offizieller Titel im Register der ugandischen Landverwaltung dies rechtlich belegt. Dessen Eintragung hat er als Vorsitzender der hierfür gegründeten Naita A Tepeth Communal Land Association sogar mit begleitet. Er versteht sofort: Die Vermessungsingenieure und Mitarbeiter des Zementkonzerns, die er bei der Demarkation Katikekiles beobachtet, sind unrechtmäßig vor Ort…

Land unter Druck

Seit etwa 20 Jahren steigt in der semi-ariden Region Karamoja im Norden Ugandas der Druck auf das Land und die natürlichen Ressourcen. Seit Generationen leben hier die Hirtengemeinschaften der Karamajong, Pokot und Tepeth, die mit ihren Tieren von Weidefläche zu Weidefläche ziehen. Doch es kommt immer häufiger dazu, dass sich private Investoren, lokale Eliten oder auch die Regierung Flächen aneignen, um sie für den Ackerbau oder den Bergbau zu nutzen. Das verhindert den freien Zugang der Hirten zu Land und Wasser, bedroht die pastoralistische Lebensweise und führt letztlich auch zu Rivalitäten zwischen den ethnischen Gruppen um das knapper werdende Land.

Was also tun, wenn Landraub droht? "Im Allgemeinen ist es für die Hirtengemeinschaften schwer, dagegen vorzugehen", sagt Faustino Longole, der sich als Programmkoordinator des Land Desk Moroto seit Langem mit dieser Problematik beschäftigt. Die traditionelle Landnutzung, die zwar verfassungsrechtlich anerkannt und gesetzlich geregelt ist, sei immer weniger bekannt und viele Landverwaltungen könnten bestehende Richtlinien aus Kapazitätsgründen nicht umsetzen, erklärt er. Wer dann seine Ansprüche nicht schriftlich belegen kann oder die Rechtslage nicht kennt, werde oft verdrängt.

 

Wo fängt ihr Land an und wo hört es auf? Das besprechen Älteste zusammen mit Jugendlichen bei der Kartierung des traditionell genutzten Gemeinschaftslandes der Narisae Community Land Association.
Die unrechtmäßige Aneignung von Land in Nord-Uganda ist ein Problem – Faustino Longole (links) und Fiona Abbo vom Land Desk Moroto veranschaulichen, welche sozialen, aber auch ökologischen Herausforderungen dadurch in der Region entstehen.
Seit Generationen leben die Gemeinschaften der Pian, Tepeth und Pokot in Nord-Uganda als Hirten. Für sie ist der offene Zugang zu Wasser und Weideflächen wesentliche Grundlage für den Erhalt ihrer Lebensweise.
Zusammen mit Partnern aus den lokalen Landverwaltungen, Vertreter*innen der Gemeinschaften und dem ugandischen Landministerium konnte das Land Desk Moroto bislang Landrechte für zahlreiche Familien in der Region sichern.

Welten "harmonisieren"

Eliya Lomiat und mittlerweile rund 7.260 Familien in der Region haben durch die Unterstützung von Longole und seinen Kolleg*innen vom Land Desk nun jedoch das Rüstzeug, um sich zu wehren. Lomiat meldet den Vorfall bei den Behörden und erhält Recht. Der Zementkonzern muss gehen. Erfolgsgeschichten wie diese sind eine große Motivation für das Land Desk Team und zeigen, dass ihr vielseitiges Engagement Früchte trägt. "Wichtig ist, dass die Menschen wissen, was ihnen zusteht und wie sie dies einfordern und auch schützen können", sagt Michael Munyes Foxhino, Programmverantwortlicher bei Land Desk.

Seit 2017 setzt sich das Programm der Diözese Moroto dafür ein, dass die traditionelle Landnutzung anerkannt und Landrechte der Pastoralisten dokumentiert werden. "Von Anfang an war es uns wichtig, mit den Gemeinden ins Gespräch zu gehen, sie über die Gesetze aufzuklären und ihre Erfahrungen zu hören", sagt Munyes. Dabei gehe es oft auch darum, Ansprüche zwischen den Dorfgemeinschaften zu harmonisieren und zu klären, wer welches Land nutzen darf und wo die Grenzen sind. "Darüber hinaus begleiten wir die Menschen dabei, sich zu kommunalen Landvereinigungen, sogenannten Communal Land Associations, kurz CLAs, zusammenzuschließen und diese registrieren zu lassen als Voraussetzung für den Erwerb von Landtiteln." Die technische Kartierung und Dokumentation von Gemeindeland, aber auch die Schulung von Landbeamt*innen auf Distrikt- und Unterbezirksebene in den nationalen Rechtsverfahren sind weitere Bausteine des Programms.

 

Wissenswert

Der Land Desk Moroto ist eine Abteilung der Katholischen Diözese Moroto und wurde 2017 mit Unterstützung des Zivilen Friedensdienstes von AGIAMONDO gegründet. Zunächst konzentrierte sich die Arbeit auf die Dokumentation von diözesanen und institutionellen Grundstücken wie Krankenhäusern, Gesundheitszentren oder Schulen. Aufgrund des stetig wachsenden Zugriffs von Bergwerksfirmen und Eliten auf gewohnheitsrechtlich genutztes Gemeindeland, wurde das Arbeitsfeld sehr bald ausgeweitet.

Mittlerweile setzen sich acht Mitarbeiter*innen im Projektbüro in Moroto sowie in den umliegenden Gemeinden in Süd-Karamoja dafür ein, dass die Menschen um ihre Rechte wissen und diese anwenden, um ihr Land zu schützen. Neben der Sensibilisierung für die nationale Gesetzeslage und die gesetzliche Anerkennung selbst geht es auch um den Schutz des Landes in seiner Bewirtschaftung vor dem Hintergrund der sich stetig wandelnden sozialen und klimatischen Bedingungen.

Bis Oktober 2024 konnte der Land Desk Moroto erreichen, dass 110.709 Hektar Land als Gemeindeland betitelt, in der zuständigen Verwaltung als solches registriert und somit vor unrechtmäßiger Aneignung geschützt ist.

Schutz nach außen und innen

"Die Frage um die Landrechte betrifft viele Menschen hier, deshalb haben wir immer gut zu tun", sagt Raymond Lotukei Chumakori, der als Programm-Assistent bei Land Desk mitarbeitet. Zu Beginn jeder Woche erhält das Team Feedback über die Situation in den Gemeinschaften und darüber, wer an welchem Punkt im Dokumentationsprozess was braucht. "Danach planen wir dann die weiteren Schritte, machen Termine bei den Behörden oder fahren raus in die Dörfer."

Dem Land Desk ist wichtig, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und dass es einen offenen Austausch über die Ansichten und Herausforderungen vor Ort gibt. "Dabei können wir auch andere Dinge fördern, die für den Schutz von Gemeinschaftsland eine Rolle spielen", sagt Longole. "Die nachhaltige Nutzung der vorhandenen Ressourcen zum Beispiel oder Geschlechtergerechtigkeit." So müssen die entstehenden CLA immer auch Frauen integrieren. Auf diese Weise haben alle Mitglieder der Gemeinschaft die Möglichkeit, sich zu beteiligen und zu Frieden und Stabilität in der Region beizutragen.

12.11.2024

Text: Eva Maria Helm