Wie lief der Workshop ab und welches Ziel verfolgte er konkret?
Es ging darum zu ergründen, wie Zusammenarbeit und Dialog der Religionen zu einer friedlichen kenianischen Gesellschaft beitragen können. Zu den Teilnehmer*innen zählten Bundestagsabgeordnete, Vertreter des BMZ, Erzbischof Ludwig Schick, aber auch leitende Mitarbeiter*innen von AGIAMONDO, aus anderen Organisationen und der Kirche. Wir alle waren zunächst drei Tage zu Gast in Familien von Kenianer*innen, die in der Friedensarbeit aktiv sind, und haben sie in ihrem Alltag und bei der Arbeit begleitet. Anschließend gab es eine Reflexionsphase, in der die Erfahrungen besprochen, persönliche Eindrücke geschildert und fachlich reflektiert wurden. Zum Schluss fand ein Austausch mit Vertreter*innen der beteiligten Organisationen und externen Fachleuten statt, um die Exposure-Erfahrung zu diskutieren und mit den bestehenden Rahmenbedingungen in Beziehung zu setzen.
Wie sah Ihre persönliche Erfahrung aus?
Ich war bei einer jungen Kenianerin untergebracht, die bei der Menschenrechtsorganisation Haki Yetu arbeitet und sich für Frauen und Jugendgruppen engagiert. In den Tagen, in denen ich sie begleiten durfte, wurden dort Inhalte der „Building Bridges Initiative“ diskutiert, einer Regierungsinitiative zur Förderung der nationalen Einheit Kenias. Das Spannende war, dass sich muslimische und christliche Frauen gleichermaßen an der Gruppendiskussion beteiligt und über Religionsgrenzen hinweg eine gemeinsame Position erarbeitet haben. Damit das gut funktionieren konnte, hatte sich die Gruppe zuvor auf Verhaltensregeln geeinigt.
Es wurde auch gemeinsam gebetet. Tatsächlich gab es viele Themen, die trotz unterschiedlicher Glaubenszugehörigkeit und Lebensweise ähnlich beurteilt wurden: Extremismus, Korruption oder die Benachteiligung von Frauen sahen alle als wesentliche gesellschaftliche Probleme an, die es zu lösen gilt.
Was kann Interreligiöser Dialog hier bewirken und wo bestehen noch Herausforderungen?
Die Frauengruppe zeigt, finde ich, anschaulich, dass der respektvolle Austausch von Menschen unterschiedlichen Glaubens gemeinsame Anliegen offenbaren kann, an deren Lösung dann alle konstruktiv mitarbeiten. Konkret wurde zum Beispiel überlegt, inwieweit religiöse Autoritäten eine Vermittlerrolle einnehmen können, um Veränderungen anzustoßen. Damit das gelingt, wäre meiner Einschätzung nach mehr Methodenkenntnis wichtig. Wie formuliert man seine Anliegen nachdrücklich? Wen spricht man an? Wen holt man mit ins Boot?
Hier in Deutschland können wir von den Kenianer*innen lernen, wie man den Interreligiösen Dialog in die Mitte der Gesellschaft trägt und im Alltag sichtbarer macht. Da haben wir noch zu wenig Netzwerke, Berührungspunkte zwischen den Religionsgruppen und Multiplikator*innen, die die Idee der interreligiösen Zusammenarbeit in den Gemeinden und vor allem im gemeinsamen Alltag unterstützen.
Welche Erkenntnisse nehmen Sie aus dem EDP mit?
Durch das EDP haben wir die Lebenswirklichkeit unserer Mitmenschen in Kenia besser kennengelernt. Wir haben erlebt, was sie wirklich bewegt, und mit welchen Methoden sie konstruktiv zusammenarbeiten. Diese Erfahrungen sind sehr wertvoll und sollen zeitnah in eine Strategie einfließen, die AGIAMONDO für die Projektarbeit des ZFD zum Thema Interreligiöser Dialog entwickelt. Zudem hat die Exposure-Erfahrung Entscheidungsträger*innen, die die Finanzierung von Projekten zum Interreligiösen Dialog mitverantworten, gezeigt, wie wirksam interreligiöse Zusammenarbeit sein kann, und dass es sich lohnt, sie zu fördern. Bei mir persönlich ist die Offenheit gegenüber anderen Religionen nochmal gewachsen – und die Erkenntnis darüber, dass man im Leben und Wirken trotz unterschiedlichen Glaubens viel mehr gemeinsam hat, als man denkt.
Text: Katharina Engels, Eva Maria Helm; Fotos: Ulrike Hanlon/AGIAMONDO