Erfahrungen aus Uganda: Neue Handlungsoptionen für die Arbeit mit geflüchteten Menschen

Teilnehmer*innen (Franziska Krisch und Sebastian Krämer, 3. und 2. von rechts), ihre Begleiter im EDP sowie Vertreter der Flüchtlingsgemeinde besuchen das Gesundheitszentrum in Offua III (Rhino Camp).

Gerade zu Ende gegangen ist ein Exposure- und Dialogprogramm in Uganda, bei dem sich die Teilnehmer*innen mit der Situation von geflüchteten Menschen befassten. Die zehn Vertreter*innen aus Politik und Entwicklungszusammenarbeit tauchten ein in Alltag und Arbeitsumfeld ihrer südsudanesischen, kongolesischen oder ugandischen Gastgeber*innen.

 

Sie erlebten wie Ehrenamtliche und Verantwortliche in den Gemeinwesen kooperieren, um eine friedliche Koexistenz zu ermöglichen und mit divergierenden kulturellen Praktiken sowie Ressourcenknappheit umgehen.

 

Der Mais vertrocknet auf den Feldern. Eine Hungerkrise steht bevor.
EDP Gastgeberin Botula Abdala, Irene Dawa, Elizabeth Abany, die Chairlady des Refugee Welfare Council, Nachbarin Mary, Teopista Onzia und Christine Oleru von CEPAD-WN (von links) im Rhino Camp. Irene Dawa und Teopista Onzia gründeten CEPAD-WN.

So konnten sie ganz praktisch erfahren, was die konkreten Herausforderungen im Arbeits- und Lebensalltag der Betroffenen sind und wie die Flüchtlingshilfeorganisationen die verschiedenen Bevölkerungsgruppen in unterschiedlichen Bereichen unterstützen. Dies geschah im persönlichen Austausch mit den Betroffenen, bei denen sie zu Gast waren. Eine der Lernerfahrungen bezog sich auf den Zusammenhang von Klimawandel und Nahrungsmittelsicherheit: "Als ich abends mit meinem Gastgeber auf den Hügel stieg, wurde mir die schiere Dimension der Herausforderung erst bewußt. Hunderte Rauchsäulen von Holzfeuern, um Essen zuzubereiten. Viel Staub und kein Baum mehr in der gesamten Ebene. Hier hat es seit fünf Monaten nicht mehr geregnet," berichtete ein Teilnehmer.

Es sollte den Europäern bewusstwerden, dass ein Mensch ein Mensch ist und jeder zum Flüchtling werden kann. Die Regierung Ihres Landes muss nur den falschen Knopf drücken, und ehe Sie es begreifen, sind Sie draußen. Sie haben keine Wahl.

Irene Dawa, Gründerin der Flüchtlingshilfeorganisation Community Empowerment for Peace and Development West Nile (CEPAD-WN)

Organisiert und begleitet hatten das Programm der Exposure- und Dialogprogramme e. V. bei AGIAMONDO gemeinsam mit dem Jesuit Refugee Service(JRS Uganda), Community Empowerment for Peace and Development West Nile(CEPAD-WN) und Hummingbird Action for Peace & Development(HAPD).

Uganda’s Flüchtlingspolitik und der gesellschaftliche Umgang mit Flüchtlingen haben Besonderheiten, die den Teilnehmenden an dem Programm Einblick in neue Handlungsoptionen boten. Das Land mit der höchsten Flüchtlingspopulation in Afrika beeindruckt mit einer großen Hilfsbereitschaft in den aufnehmenden Gemeinden. Angesichts ökonomischer und sozialer Herausforderungen ist die tief verankerte Willkommenskultur nicht selbstverständlich. Landwirtschaftliche Ressourcen und Wasserversorgung sind knapp. Allen schulpflichtigen Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen, ist generell und besonders in den Flüchtlingszentren eine große Herausforderung. Einige Maßnahmen der Pandemiebekämpfung und der Rückgang internationaler Lebensmittelhilfen haben zu einer Verschärfung der Versorgungslage beigetragen. Nicht zuletzt wegen der Ressourcenengpässe, die zu Auseinandersetzungen unter den Bevölkerungsgruppen führen, stärken die EDP Partner die Potentiale für gewaltfreie Konfliktbearbeitung und sozialen Zusammenhalt. Das Exposure- und Dialogprogramm zeigte, wie Vertreter*innen von Flüchtlingsgemeinschaften und der Kommunen konstruktiv zusammenarbeiten, um die Lebensumstände aller zu verbessern. Der Dialog mit Verantwortlichen der Flüchtlingsarbeit eröffnete neue Perspektiven auf dieses Politikfeld auch in anderen gesellschaftlichen Kontexten.

01.08.2022

Text: Jörg Hilgers