Einen starken Fürsprecher hat Ingeborg Tiemann in Schulleiter Naber. Er war es auch, der von Ingeborg Tiemanns Ansatz hörte und MISEREOR bat, seine Schule mit einem Debattierprojekt zu unterstützen. „Wir leben in einem Konfliktgebiet, in dem wenige an den Nutzen des Debattierens glauben. Wir dagegen geben unseren Kindern über das Debattieren Kompetenzen, mit Konflikten umzugehen und respektvoll nach Lösungen zu suchen“, so Naber. Debattieren bedeutet für ihn einen Mehrwert für die Bildung seiner Schüler*innen.
Als wertvoll erachten Tiemann und Naber auch die Vernetzung mit anderen Schulen, um den Ansatz weiter zu verbreiten. Neben Debattierwettbewerben zwischen verschiedenen Einrichtungen in den besetzten palästinensischen Gebieten und in Israel gab es gemeinsame Projekte mit Schulen in Jordanien und Ägypten – schon vor Covid-19 wegen hoher bürokratischer Hürden keine einfache Aufgabe. Gerade für die soziale Komponente des Projekts bedeuteten die pandemiebedingten Einschränkungen eine zusätzliche Herausforderung. Fast sofort stellten sie auf Online-Formate um, so dass auch in Corona-Zeiten debattiert werden konnte.
Weltsicht weiten
Gut tut das Debattierprojekt den Schüler*innen und Schulen nach Einschätzung Tiemanns zudem auf einer anderen Ebene. Um den Schüler*innen eine globale Perspektive zu vermitteln, lädt sie zu den Online-Debatten immer wieder internationale Gäste ein. Mal debattieren diese direkt mit den Jugendlichen, mal stellen sie ein Dilemma aus ihrem Arbeitsbereich vor, das die Schüler*innen dann ausdiskutieren. Erste Gesprächspartnerin der palästinensischen Jugendlichen: Eine Fachkraft von AGIAMONDO aus Ho Chi Minh Stadt in Vietnam. In der Debatte ging es um Impfgerechtigkeit – ein Thema, das gerade im Zuge der Corona-Pandemie an Aktualität gewonnen hat, und das durch die unterschiedlichen Realitäten in Israel, Jerusalem und im besetzten Westjordanland einen konkreten Bezug zum Leben der Schüler*innen hat. Gerade dieser Austausch ist wertvoll für die Teilnehmer*innen, ist Tiemann überzeugt: „Die Kinder treffen auf Welten, die sie überhaupt nicht kennen. Das trägt erheblich zur Erweiterung des persönlichen Horizonts bei.“
Text: Andrea Krogmann*
Dezember 2021
Dieser Artikel stammt aus dem AGIAMONDO-Magazin "Contacts", Ausgabe 3/2021. Die Gesamtausgabe und die PDF-Version des Artikels finden Sie hier zum Download.
* Andrea Krogmann ist Theologin und Fotojournalistin und berichtet für die katholische Nachrichtenagentur (KNA) aus dem Nahen Osten.