Herr Recker, Sie sind am Dienstag im Zuge der Evakuierung deutscher Staatsbürger durch die Bundeswehr aus Afghanistan ausgereist. Können Sie die Situation beschreiben, die im Land bei Ihrer Ausreise geherrscht hat?
Stefan Recker: "Ich habe am Dienstag zum ersten Mal seit dem Machtwechsel das Caritas-Büro verlassen, um zum Flughafen zu fahren. Vorher habe ich mich das nicht getraut, denn ich wollte möglichst wenig Aufmerksamkeit auf unser Büro lenken. Als ich am frühen Nachmittag losfuhr, war relativ wenig los. Es gab wenig Verkehr, nur wenige Geschäfte hatten geöffnet und die, die geschlossen waren, hatten teilweise ihre Waren versteckt – aus Angst vor Plünderung. Auf der Fahrt habe ich einige Taliban-Patrouillen gesehen, angehalten wurde ich aber nicht. Trotzdem ist die Lage ziemlich angespannt, denn den Menschen fehlt das Geld, da alle Banken geschlossen sind. Aber auch wenn sie geöffnet hätten, würde man dort kein Geld erhalten, denn die Zentralbank hat die Zahlungen eingestellt. Zusätzlich haben sich die Preise für Lebensmittel und andere alltägliche Dinge stark erhöht. Und die Kolleg*innen im Caritas-Büro haben Angst vor Repressalien durch die Taliban, weil sie für eine westliche Organisation arbeiten."