Als Medienfachkraft in Jordanien: Mehr Sichtbarkeit für den Jesuit Refugee Service

Als ZFD-Fachkraft für Kommunikation und Medien unterstützt Silvia Mazzocchin seit drei Jahren den Jesuit Refugee Service (JRS) in Amman. Im Interview erzählt die 33-Jährige, welche Wirkung ihre Arbeit bisher hatte und warum sie ihren Vertrag verlängert hat.

 

Sie sind Journalistin mit einem Fokus auf Menschenrechten. Als ZFD-Fachkraft arbeiten Sie seit 2021 mit dem Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) in Amman. Was genau machen Sie dort?

Silvia Mazzocchin: Ich unterstütze den Jesuit Refugee Service in der Öffentlichkeitsarbeit und im Bereich Advocacy, also in politischer Einflussnahme. Beim JRS bin ich die erste Mitarbeiterin, die sich komplett der Kommunikation der Organisation widmet, um die Arbeit des JRS auch über die neuen Medien wie Facebook und Instagram hinaus sichtbar zu machen. Wie zum Beispiel im Rahmen von Veranstaltungen und Ausstellungen im öffentlichen Raum. Zum Glück hat mir mein Vorgesetzter von Anfang an freie Hand gelassen. So habe ich nicht nur eine Kommunikationsstrategie für die bereits bestehenden Social Media Kanäle bei Facebook und Instagram entwickelt, sondern konnte auch eigene Schwerpunkte einfließen lassen: Journalismus, Fotografie und Veranstaltungen. Das stärkt den JRS enorm.

Silvia Mazzocchin/Jesuit Refugee Service
Silvia Mazzocchin/Jesuit Refugee Service
Silvia Mazzocchin/Jesuit Refugee Service
Silvia Mazzocchin/Jesuit Refugee Service
Silvia Mazzocchin/Jesuit Refugee Service
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Carmen Moreno
Silvia Mazzocchin/Jesuit Refugee Service
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Ihr Schwerpunktliegt auf liegt auf Storytelling und Fotojournalismus. Nach Ihrem Studium in Italien, Deutschland, Polen und den USA waren Sie als Kommunikationsexpertin für eine italienische NGO im Libanon aktiv, die sich für Geflüchtete einsetzt. Welche Art von Veranstaltungen organisieren Sie mit dem JRS?

S. M.: Vor zwei Jahren habe ich mit einem jordanischen Kollegen ein internationales Festival der Begegnung auf die Beine gestellt. Die Idee dazu kam von den Geflüchteten, mit denen das JRS arbeitet. Sie wollten ihre Musik im öffentlichen Raum teilen mit allem, was dazugehört: Instrumente, Kleidung, Tänze. Aus der Idee wurde ein richtig großes Projekt. Ein Jahr lang haben wir geplant und organisiert. Das Musikfestival fand am Weltflüchtlingstag (World Refugee Day) am 20. Juni statt. Im Jahr darauf haben wir es gleich wiederholt und in diesem Jahr wird es ein Musical geben mit dazugehörigem Buch. Das Thema: Versöhnungsarbeit.  

Wer sind die Menschen, mit denen das JRS arbeitet?

S. M.: Der JRS arbeitet mit Geflüchteten, die durch das Raster der humanitären Hilfe fallen. In Jordanien gibt es viele Geflüchtete aus Nachbarländern wie Syrien und dem Irak, aber auch aus dem Jemen, Sudan, Somalia oder Eritrea. Die meisten wollen gleich weiter in Länder wie Großbritannien, Kanada oder die USA, wo sie Verwandte haben, scheitern dann aber an den Visabestimmungen der Länder. Sie müssten eine Arbeitserlaubnis in Jordanien haben, die sie aufgrund ihres Status nicht bekommen. So stranden sie im Land, manche für bis zu zehn Jahre. Das Warten ist sehr zermürbend für die Betroffenen – Männer, Frauen und Kinder.

Silvia Mazzocchin/Jesuit Refugee Service
Silvia Mazzocchin/Jesuit Refugee Service
Ahmad Ryashi
Silvia Mazzocchin/Jesuit Refugee Service
Ali Rci
Rajiv Raman
Silvia Mazzocchin/Jesuit Refugee Service

Der JRS ist eine katholische Hilfsorganisation, die sich seit über 40 Jahren weltweit für Geflüchtete einsetzt. Seit 2008 engagiert sie sich auch in Amman, der Hauptstadt Jordaniens. Was genau macht die Organisation vor Ort?

S. M.: Der JRS unterstützt die Menschen in jeglicher Art: Er bietet Begleitung bei medizinischen Anliegen und psychosoziale Beratung an, Unterstützung in der Sicherung des Lebensunterhalts und Programme im Bereich Kultur, z. B. mit Kursen in Fotografie, Theater oder Malerei. Der JRS will auch eine Gemeinschaft aufbauen und den Menschen das Gefühl geben, dass sie wichtig und wertvoll sind. Sie werden ja meist unter dem Label "Geflüchtete" zusammengefasst, dabei sind ihre Geschichten so unterschiedlich. Was sie gemeinsam haben, ist der Wunsch nach einem besseren Leben. 

Sie haben Ihren Vertrag als ZFD-Fachkraft in Jordanien gerade um ein Jahr verlängert. Welche Wirkung hat Ihre Mitarbeit bisher gehabt?

S. M.: Meine Mitarbeit als ZFD-Fachkraft hat eine große Wirkung. Ich konnte (und wollte) beim JRS viele neue Ideen einbringen. Mein Blick von außen war dafür sehr hilfreich, weil ich Dinge anstoßen und hinterfragen konnte, die im Organisationsalltag bisher untergegangen waren. Zum Beispiel die Frage nach größerer Sichtbarkeit und Vernetzung mit der Öffentlichkeit. Ich wollte, dass die Menschen ihre eigenen Geschichten erzählen, statt auf Social Media Kanälen über sie zu berichten. So habe ich Ausstellungen mit den Geflüchteten organisiert, bei denen sie Fotos aus ihrem Alltag und ihre künstlerischen Werke zeigen konnten. Und Veranstaltungen wie das Festival, die ein viel größeres Publikum erreichen. Das kommt dem JRS sehr zu Gute, denn die Organisation will sich noch mehr dafür einsetzen, diskriminierende Strukturen und Gesetze, die Geflüchtete betreffen, zu verändern. Seit Ende 2022 gibt es Komitees von Geflüchteten, um sich bei Entscheidungsprozessen besser einbringen und mitsprechen zu können. Der JRS unterstützt sie darin.
Mehr zum ZFD-Landesprogramm von AGIAMONDO in Jordanien.

30.05.2024

Interview: Eva Tempelmann