AGIAMONDO vernetzt – Im Dialog beim 2. Sommertreffen der ehemaligen Fachkräfte in Köln

Die Teilnehmer*innen des zweiten Sommertreffens

Stimmengewirr im Garten des AGIAMONDO-Geländes, Stellwände mit Moderationskarten in den Räumen und Kindertumult auf dem Spielplatz – nach fast einem Jahr Online-Veranstaltungen konnte das zweite Rückkehrer*innen-Sommertreffen tatsächlich in Präsenz stattfinden. Am 18. und 19. September trafen sich rund 30 ehemalige Fachkräfte und Partner*innen und 22 Kinder zwischen 8 Monaten und 13 Jahren bei AGIAMONDO in Köln, um sich auszutauschen, zu vernetzen und über globale Themen zu diskutieren. „Decolonize!“ stand als als Thema im Fokus des zweitägigen Treffens.

 

„Die Zeit im Einsatz ist begrenzt, die Zeit des Austausches nicht“, sagte AGIAMONDO-Geschäftsführerin Dr. Claudia Lücking-Michel zur Begrüßung. Die Arbeit mit ehemaligen Fachkräften sei wichtig, um im Gespräch zu bleiben und Erfahrungswissen aus dem Süden in das Leben in den Ländern, in die sie zurückkehren, einzubinden. Dazu gehöre auch, unbequeme Themen immer wieder anzusprechen und gleichzeitig Anderen zuzuhören: Was bewegt dich? Wofür setzt du dich ein?

Claudia Hurtado Rivas und Nicola Dongiovanni sitzen auf der Terrasse in der Sonne und unterhalten sich mit einer Gruppe von Fachkräften, die wie sie in Kolumbien gearbeitet haben. „Wir spüren hier eine starke Verbundenheit zu den Menschen“, sagt Claudia Hurtado Rivas. Nach drei Jahren als ZFD-Fachkraft ist sie mit ihrem Mann und Sohn Leandro zurück in der Schweiz. Sie haben Stellen beim Schweizer Außenministerium und einem Verband für Weiterbildung gefunden. Bei ihrem Rückkehrendenseminar vor einigen Monaten seien die Themen Decolonize und Machtstrukturen sehr präsent gewesen, „da wollen wir dranbleiben.“

Gruppenarbeit im Garten von AGIAMONDO
Die Kinder der zurückgekehrten Fachkräfte haben ihr eigenes Programm.
Die Journalistin Eva Tempelmann ist mit ihrer Familie aus Peru zurückgekehrt.
Reagan Ochieng ist vor einigen Monaten mit seiner Partnerin Sophia Zimmermann und Baby nach Deutschland gekommen.
AGIAMONDO-Geschäftsführerin Claudia Lücking-Michel (rechts)
Claudia Hurtado Rivas und Nicola Dongiovanni mit ihrem Sohn

Auch Reagan Ochieng sieht das Sommertreffen als gute Plattform, um gemeinsam zu lernen und Menschen zu treffen, die sich mit ähnlichen Fragen und Themen beschäftigen. Er ist vor einigen Monaten mit seiner Partnerin Sophia Zimmermann und Baby nach Deutschland gekommen. Sophia Zimmermann war ZFD-Fachkraft in Kenia. In ihrer neuen Heimat in Brandenburg schlägt ihnen oft Rassismus entgegen. „Die Menschen hier beim Sommertreffen machen mir Mut, dass gegenseitiger Respekt möglich ist“, sagt Ochieng. Die Reflektion über Privilegien und Machtstrukturen sei wichtig, aber es sei allerhöchste Zeit, nun auch zu handeln, ergänzt Zimmermann. Das gelte auch für den Wandel hin zu mehr Augenhöhe in der internationalen Zusammenarbeit.

Das Podium zu „Decolonize! Was brauchen wir, um im Thema ins Tun zu kommen?“ war ein Schritt in diese Richtung. Lawrence Oduro-Sarpong, Tsendsuren Batsukh und Carole Sambale, die sich beruflich mit den Themen Rassismus, Machtstrukturen und Zugehörigkeiten beschäftigen, gaben dafür wichtige Impulse: Dekolonisierung gehe uns alle an, betonte Lawrence Oduro-Sarpong, der als Diversity-Trainer, Berater und Coach arbeitet. „Ich schüttle die Flasche, damit der verborgene, unbewusste Inhalt unserer Haltungen und Überzeugungen aufgerührt wird und wir darüber sprechen können.“ Die Mediatorin Carole Sambale setzt ebenfalls auf Dialog: „Das Wichtigste ist, dass der Wille zur Begegnung da ist.“ Sie lud ein, sich von den festen Stühlen unserer Prägungen und Zuschreibungen zu lösen und gemeinsam ins Tanzen zu kommen. Tsendsuren Batsukh, Trainerin und AGIAMONDO-Trainee im Bereich Blended Learning für kulturbewusste Kommunikation, arbeitete ebenfalls mit den Rückkehrer*innen. Sie vermittelte wie Biographiearbeit genutzt werden kann, um ins Handeln zu Themen wie Empowerment und kritischem Weißsein zu kommen.

Treffen im Seminarraum – Kerstin Kude, Leiterin des Team Personalentwicklung begrüßt die zurückgekehrten Fachkräfte.
Ballspiel im Innenhof der AGIAMONDO-Geschäftsstelle
Austauschrunde im Freien
Die beiden Süd-Fachkräfte Stella Matutina und Noelia Crespa-Calatayud sowie Francia Cordero-Brinkmann, Referentin bei AGIAMONDO (von rechts)
Frauke Siedenburg, ehemalige Fachkraft mit Florian Schöpperle (Referent bei AGIAMONDO) und Mary Apus-Schöpperle (von rechts)
Gemeinsame Aktion der Kinder und Jugendlichen

Weitere Themen in den zwei Tagen waren Rückkehr als Familie, Empowerment, digitales Arbeiten und gesellschaftliches Engagement. Um hier gleich aktiv zu werden, lud AGIAMONDO die Teilnehmer*innen ein, sich an die Aktion „SIEBEN TAGE IM DIALOG“ anzuschließen. Bei dieser Aktion geht es darum einen Dialog mit Menschen zu führen, mit denen man sonst eher nicht spricht. Und es geht um Themen, die gemeinsam bewegen. Dafür gab es Impulskkarten zu Begriffen wie Mensch, Solidarität, Planet, lokal handeln. Dass der 19. September der Internationale Tag der Zivilcourage ist, passte da gut. im Anschluss an das Sommertreffen „Sieben Tage im Dialog“ zu sein – mit Menschen, mit denen man sonst eher nicht spricht, über Themen, die gemeinsam bewegen. Dafür gab es eigens gestaltete Karten zu Begriffen wie Solidarität, Planet, Lokal handeln. Dass der 19. September der Internationale Tag der Zivilcourage ist, passte da gut.

Und die Kinder? Sie gestalteten Plakate für eine gerechte Welt, bastelten Kraniche mit Glücksbotschaften und gaben der Veranstaltung mit ihrer Bewegung und ihren Stimmen etwas mit, das weit über das Sommertreffen hinaus in die Zukunft reicht. „Denn geht es nicht genau darum: Menschen einbeziehen?“ fragt Noelia Crespa-Calatayud. Die Bolivianerin arbeitet seit Oktober 2019 als Süd-Nord-Fachkraft im Weltdienst-Programm beim Bistum Hildesheim. Sie nimmt vom Sommertreffen jede Menge Inspiration mit: „Es rattert geradezu in meinem Kopf.“

Das nächste Sommertreffen ist wieder – wie jedes Jahr – für das dritte Wochenende im September 2022 geplant: am 17./18. September 2022.

Text: Eva Tempelmann

22.09.2021