Welches Tier bist du in einem Konflikt? Der Löwe, der schnell bereit für den Kampf ist? Der Delfin, der auf das Empfinden aller Beteiligten eingeht? Mit Bildern wie diesen arbeiten Josephine Kellner und ihre Kolleg*innen des Integrated Youth Empowerment Centre (IYEC) in ihren Trainings, in denen sie Menschen schulen, wie Konflikte entstehen und wie diese sich gewaltfrei lösen lassen.
Seit Juni 2021 unterstützt ZFD-Fachkraft Josephine Kellner das IYEC in Limbe, einer Küstenstadt im Südwesten Kameruns. Die 30-Jährige ist Sozialpädagogin "mit Leib und Seele", sagt sie und hat vor ihrer jetzigen Tätigkeit bereits ein halbes Jahr in Kamerun gearbeitet. Aktuell fokussiert sie sich auf die Arbeit mit jungen Erwachsenen, insbesondere Frauen. Mit dem Projekt soll die Friedensarbeit im Land gestärkt werden, dessen anglophone Region seit sechs Jahren durch einen gewaltsamen Konflikt geprägt ist.
Vertrauen gewinnen
Kamerun wird seit 40 Jahren von Präsident Paul Biya mit restriktiver Hand geführt. "Die Menschen sprechen hier mit Vorsicht", sagt Kellner. Bis 1916 war Kamerun deutsche Kolonie, wurde dann vom damaligen Völkerbund als Protektorat an Frankreich und Großbritannien übergeben und unter beiden Mächten aufgeteilt. Seit der Abschaffung des Föderalismus in den 1970er Jahren schwelt der Konflikt zwischen dem französisch geprägten Mehrheitsstaat und den kleineren englischsprachigen Landesteilen. 2017 riefen anglophone Separatist*innen ihren eigenen Staat "Ambazonien" aus. Die Zentralregierung reagierte mit Repression auf die Proteste.
"Das Misstrauen sitzt tief", berichtet Kellner. Dies mache ein gutes Miteinander schwierig. Kamerun wird aufgrund seiner kulturellen und landschaftlichen Vielfalt auch als "Afrika in Miniatur" bezeichnet. Diese Diversität werde jedoch teilweise politisch instrumentalisiert, könne die Menschen voneinander entfremden und Kommunikation stören, erklärt Kellner. Umso wichtiger sei es, Vertrauen herzustellen, unter anderem durch die Arbeit von IYEC und Kellners eigene Mitarbeit. "Ich zeige: Ich bin da und bleibe."
"I am, because we are"
Josephine Kellner unterstützt das IYEC Team in Limbe und Freiwillige aus den umliegenden Gemeinden bei der Entwicklung von Strategien zur gewaltfreien Konfliktbearbeitung und stärkt die Zusammenarbeit zivilgesellschaftlicher Akteur*innen. Mit ihren Kolleg*innen hat sie eine Plattform zur Vernetzung der Partnerorganisationen von IYEC und Gemeindevertreter*innen eingerichtet, plant Trainings zu Konfliktbewältigung und organisiert Sensibilisierungsprojekte für Jugendliche. Mit interaktiven Methoden, Rollenspielen und Gruppenaktivitäten arbeitet das Team daran, seinen Zielgruppen den Zusammenhang zwischen fehlgeschlagener Kommunikation und Gewalt aufzuzeigen.
Die Arbeit zu Konflikttransformation sei aufgrund der politischen Lage höchst riskant, sagt Josephine Kellner. Darum stelle IYEC das Gemeinwohl und das friedliche Miteinander in den Fokus seines Engagements. "Wir greifen dafür auf das südafrikanische Ubuntu-Konzept zurück, weil es sich so gut übertragen lässt: I am, because we are. Alles ist miteinander verbunden."