Empowerment und Brückenbau
Die Ambition, dass sich Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit begegnen und miteinander in den Austausch gehen, macht einen wesentlichen Teil der Friedensarbeit von AGIAMONDO und seinen Partnerorganisationen in Sri Lanka aus. Das multiethnische Land hat ein schweres Erbe zu bewältigen: Jahrhundertelang haben europäische Kolonialmächte Ressourcen ausgebeutet und Rivalitäten zwischen den Bevölkerungsgruppen verstärkt. All das ist bis heute spürbar, unter anderem in der Benachteiligung von Minderheiten.
"Die aktuelle Wirtschaftskrise verschärft die sozioökonomische und politische Marginalisierung noch", sagt Thomas Vanke, Koordinator des ZFD-Landesprogramms von AGIAMONDO auf der Insel. Seit 2021 lebt und arbeitet er in Sri Lanka, davor war er in postkonflikt- und multiethnischen Kontexten wie Bosnien-Herzegowina, Kosovo und Israel/Palästina tätig. Er weiß: "Wir brauchen starke Gemeinschaften, damit sich die Menschen auf Dialog und Verständigung einlassen können anstatt um ihre Existenz zu bangen." Um das zu erreichen, möchte er mit seinem Programm in den nächsten vier Jahren Aktivitäten für Dialog und Brückenbau mit Empowerment verbinden.
Beispiele, wie das aussehen kann, hat er sich erst kürzlich angesehen, auf einer Reise nach Batticaloa, das im fragilen Osten des Landes liegt, der bis zu dessen Ende 2009 besonders vom 30 Jahre andauernden Bürgerkrieg betroffen war. Dort setzen sich die Partnerorganisationen Eastern Social Development Foundation (ESDF) und Caritas Batticaloa (EHED) für Frieden und Verständigung zwischen christlichen und muslimischen, aber auch hinduistischen Gemeinschaften ein. Ihr Mittel zur Stärkung: Bildung und psychosoziale Unterstützung.
Positive Erfahrungen machen und weitergeben
ZFD-Fachkraft Barbara Weghofer begleitet beide Organisationen bei ihren Projekten. Nach den islamistischen Osteranschlägen auf eine protestantische Kirche in Batticaloa 2019 sind interreligiöse Verständigung und Versöhnung wichtiger denn je. Insbesondere Frauen benötigen Unterstützung. Schätzungen zufolge werden 39 Prozent aller Haushalte in der traditionell patriarchalischen Region von ihnen geführt, was auf die lang anhaltenden Konflikte und sozioökonomischen Marginalisierung zurückzuführen ist. ESDF stärkt sie durch psychosoziale oder rechtliche Beratung, organisiert Kampagnen zu sozialer Gerechtigkeit oder Workshops, auch für Jugendliche. Die Stimmung bei diesen Begegnungen sei meist sehr inklusiv und freudvoll, sagt Weghofer. "Es ist eine positive Erfahrung mit Vielfalt, die die Beteiligten miteinander teilen. Diese können sie weitergeben und so zu mehr Akzeptanz und Integration in einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft beitragen."
Dieses Ziel verfolgt auch die Partnerorganisation EHED in der Gemeinde Vipulanandhapuram mit ihrem Projekt "Peace through English & More". Kinder und Jugendliche verschiedener ethnischer und religiöser Zugehörigkeiten erhalten hier zusammen Englischunterricht. Sie lernen, friedlich miteinander umzugehen und in einer gemeinsamen Sprache zu kommunizieren – im multilingualen Sri Lanka eine wichtige Voraussetzung für die Verständigung zwischen den Ethnien. "Außerdem ist es ein solides Bildungsangebot für die Familien, das sie sich nicht vom Mund absparen müssen", so Weghofer. Das öffentliche Schulsystem leide unter einem Mangel an kompetenten Lehrkräften und strukturellen Schwächen, was sich langfristig auf die Kinder, ihre Familien und die marginalisierten Gemeinschaften, in denen sie leben, auswirke. Die Absicht ist also, dass die Kinder positive Erfahrungen machen – mit Institutionen, mit Andersgläubigen, mit Schule und Lernen – damit sie in der Lage sind, den Kreislauf der Armut zu durchbrechen und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft zu leisten.