Schwerpunkt ZFD-Zentralamerika - Bildungsarbeit im Museum zu gewaltbelasteter Vergangenheit auf neuen Wegen

Anna Theißen

Die Ethnologin Anna Theißen arbeitet seit August 2019 bei der Fundación Museo de la Palabra y la Imagen (MUPI) in El Salvador mit. Im Museum unterstützt die ZFD-Fachkraft die Bildungsarbeit zum Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit und Erinnerungsarbeit sowie Menschenrechte. Anna Theißen schildert wie es im MUPI aktuell weitergeht:

Der Beginn von Covid 19 in El Salvador

„Im Februar pochten einige Museumskolleg*innen auf neue Sicherheitsmaßnahmen wegen Covid 19, obwohl es noch keine Erkrankten in Mittelamerika gab. Unsere Themenplanung in der Vergangenheitsaufarbeitung, für die Workshops mit Mitarbeiter*innen des Gesundheitsministeriums, die im Programm der Kriegsveteranen und Opfer arbeiten, ging gut voran. Unser erster Workshop war für Ende April angesetzt.  Seit dem 11. März sitze ich nun aber im Homeoffice. Der ausgerufene Lockdown begrenzt die Bewegungsfreiheit extrem. Nur Mitarbeiter*innen des Gesundheitsministeriums, der Polizei, der Supermärkte oder Soldaten dürfen ihre Arbeitsplätze aufsuchen.

Komplett eingesperrt zu sein und nur einmal in der Woche für den Einkauf rausgehen zu dürfen, war eine große Umstellung für uns alle. Viele Kolleg*innen leben in sogenannten Barrios Populares. Das sind Stadtteile, in denen vor allem Menschen mit geringem Einkommen in sehr kleinen Wohnungen mit vielen Personen leben. Dies ist schon unter normalen Umständen sehr herausfordernd.  Nun kam dazu, dass meine Kolleg*innen ihre Kinder zu Hause unterrichten mussten und „nebenbei“ ihre Arbeit erledigten. Das beschränkte Leben mit verstärkten Kontrollen von Polizei und Militär ist für alle sehr belastend. Dazu kommt die bedrückende Angst um die ökonomische und gesundheitliche Existenz.„

Anna Theißen
Pedro Duran
Anna Theißen
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Anna Theissen

Arbeiten mit vielen Herausforderungen

„Der erste Monat war für meine Kolleg*innen und mich aufgrund der Umstellung von direktem Austausch auf digitale Kommunikation nicht ganz einfach. Erschwerend kam hinzu, dass mein Vorgesetzter und meine direkte Kollegin eine Quarantäne von 44 Tagen in einer Sporthalle mit eingeschränkter E-Mail-Kommunikation verbringen mussten.
Da für dieses Jahr die Erstellung zweier Methodenkoffer geplant sind, konnte ich mich darauf im Homeoffice als erstes konzentrieren. Mein Kollege, der das Design verantwortet und ich suchten nach neuen Wegen, um unsere Themen gemeinsam angehen zu können. Aktuell entwerfen und designen wir Ideen, die im virtuellen Raum durchführbar sind.“

Erfolge dieser besonderen Arbeitsbedingungen

„Aus dieser Zusammenarbeit sind zusätzlich kleine Vorhaben entstanden: ein Poster zum Gedenktag von Massakern, eine Online Challenge für die User unserer Sozialen Netzwerke sowie virtuelle Informationskarten über historisch relevante Personen. Das MUPI hat eine Kampagne gestartet, die die Geschichte /Erinnerung an die Pandemie in Objekten wie Fotos, Bilder, Geschriebenes, Audios oder Videos etc festhalten wird. Diese Aktion wurde zuerst vom Museum initiiert und entwickelt sich nun an allen großen Archiven in El Salvador weiter. Die Arbeit eines Museums für Erinnerungsarbeit und Vergangenheitsbewältigung muss auch unter erschwerten Verhältnissen wie der Pandemie weitergehen.“  

Text: Anna Theißen/ Ursula Radermacher

14.07.2020