Partner aus Kamerun zu Besuch bei AGIAMONDO

Vertreter von Partnerorganisationen aus Kamerun waren in dieser Woche zu Gesprächen mit dem Zivilen Friedensdienst von AGIAMONDO in Köln. Sie berichteten von der Situation im Land und von der Friedensarbeit der katholischen Kirche.

 

Kamerun, wird seit Jahren vor allem vom Konflikt zwischen dem frankophonen und dem anglophonen Teil erschüttert. Zahlreiche Terroranschläge und die Verwüstung ganzer Ortschaften haben zu einer sehr hohen Zahl an Geflüchteten geführt.

Jervis Kebei Kewi, Generalsekretär der kamerunischen Bischofskonferenz, sieht die katholische Kirche vor allem in einer Vermittler-Rolle, insbesondere im interreligiösen Dialog. Er hob besonders die Rolle der Frauen als friedensstiftende Repräsentantinnen der verschiedenen religiösen Gruppen hervor. "Ihre Rolle ist essenziell.", so Kewi, "Denn Frauen sind diejenigen, die die Familien zusammenhalten und Netzwerke mit anderen Familien aufbauen."

In den 26 Diözesen würden verschiedene Friedensaktionen durchgeführt, z. B., wenn Wahlen stattfinden. Sie arbeiteten auch eng mit Gefängnissen zusammen, wo sie neben spiritueller Begleitung auch humanitäre und juristische Unterstützung bieten.

Abbé Bernard Hona Tonye ist Koordinator der Justitia et Pax Kommission in Douala. Die Erzdiözese Douala ist genau zwischen den englischsprachigen und französischsprachigen Gebieten gelegen. Die Folgen der gewalttätigen Auseinandersetzung spürt man in der multikulturellen und kosmopolitischen Stadt Douala sehr stark. Dort siedeln sich Menschen aus dem Norden und dem Süden an, die vor den Gewalttaten flüchten. Besonders hart trifft es junge Mädchen und Frauen, die sich oft zur Prostitution gezwungen sehen, nachdem ihre Familien ermordet wurden. Auch Kinder sind stark betroffen, sie kommen als Waisen in Douala an und müssen auf der Straße leben. Die Zahl der Straßenkinder ist seit Beginn der Konflikte nach oben gegangen und auch die Kriminalität hat zugenommen. 

Zusammen mit der Caritas und dem Zivilen Friedensdienst bemüht sich Justitia et Pax Maßnahmen anzubieten, um die Kinder von der Straße zu holen und insbesondere Mädchen und jungen Frauen Ausbildungsmöglichkeiten zu beschaffen, um ihr Überleben zu sichern.

Drei zentrale Ziele formuliert der J&P-Koordinator: Eine Friedenskultur zu schaffen, die von Inklusion, Prävention und interreligiösem Dialog geprägt ist. Mehr sozialen Zusammenhalt durch die Bekämpfung von Vorurteilen und Stereotypen erreichen und durch Solidarität und Willkommenskultur die Integration der Menschen fördern, die nach Douala flüchten mussten.

Auf die Frage, inwieweit die Konsequenzen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in Kamerun zu spüren seien, antwortete Jervis Kebei Kewi, dass die Lebensmittelkrise aufgrund der ausgesetzten Weizenimporte, von der viele andere Nachbarstaaten betroffen sind, in Kamerun nicht das größte Problem darstelle. Das Land habe schnell zu Alternativen wie Kartoffeln und Maniok gegriffen und somit eine Krise, wie sie z. B. in Ägypten zu sehen ist, vermieden. Vielmehr seien es andere Aspekte, die durch den Krieg noch deutlicher werden: "In Kamerun herrscht seit 2016 Krieg und es sind bereits hunderttausende Menschen gestorben. Dennoch verhängt der Westen keine Sanktionen.", sagte der Generalsekretär. Im Gegenteil, Frankreich habe weiterhin Waffen an die kamerunische Regierung geliefert, die dann an Rebellen verkauft wurden. Die Haltung westlicher Nationen sei, wenn es um kriegerische Auseinandersetzungen auf dem afrikanischen Kontinent geht, von postkolonialen Strukturen geprägt. Er appellierte an Deutschland, sich diplomatisch für den Frieden in Kamerun einzusetzen. Er glaube, so Kewi, an die politische Macht, die Deutschland durch Verhandlungen ausüben kann. Dieser Konflikt sei eine weitere Folge der Kolonialisierung und der dadurch verursachten Spaltung. Deutschland, als erstes Land, das Kamerun kolonisierte, ehe es die Kolonie an Frankreich und England verlor, sei in der historischen Verantwortung, eine versöhnende, diplomatische Rolle einzunehmen, betonte Msgr. Jervis Kebei Kewe.

13.07.2022

Text: Yanelvis Hechavarria