Kulturbewusst im Dialog: Ein Workshop für Weltdienst-Fachkräfte und -Partner von AGIAMONDO

Das interdisziplinäre Trainer*innen-Team (v. l. n. rechts): Lawrence Oduro-Sarpong, Zeegi Batsukh und Max Engl – sorgte beim Workshop von AGIAMONDO für vielfältigen Input und spannende Impulse.

"What culture are you?" – die Frage stand am Auftakt des Workshops "Kulturbewusst im Dialog", zu dem AGIAMONDO in Deutschland tätige Süd-Nord-Fachkräfte und ihre Partnerorganisationen eingeladen hatte. Vier Tage lang diskutierten sie gemeinsam im Hinblick auf Kultur und deren Bedeutung für ihre Zusammenarbeit.

 

"Spannend", "intensiv", "stärkend": Den Rückmeldungen der Teilnehmer*innen zufolge hat der Workshop "Kulturbewusst im Dialog" den richtigen Nerv getroffen. Im Frühjahr 2022 trafen sich rund 20 Fachkräfte aus dem Süden und aus den jeweiligen Partnerorganisationen in Köln, um gemeinsam zu reflektieren, welche Rolle kulturelle Prägungen für die Internationale Personelle Zusammenarbeit spielen.

Ziel des Workshops, den die Teams Personalentwicklung für Fachkräfte und Personalvermittlung im Auftrag von AGIAMONDO auf Wunsch der Süd-Fachkräfte initiiert hatten, war es, die Arbeitskultur in den Projektteams zu stärken und gemeinsames Erfahrungswissen zu fördern. Der offene Dialog zu diesen Themen sollte den Teilnehmer*innen die Möglichkeit geben, sowohl individuelle und interkulturelle Kompetenzen zu vertiefen als auch das Handeln und Miteinander in unterschiedlichen Kontexten bewusster zu machen.

Geschützter Raum für offenen Dialog

"Uns war wichtig, einen geschützten Raum zu bieten, um offen über kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten, aber auch strukturelle Machtverteilung oder Rassismuserfahrungen zu sprechen und zu diskutieren, was diese für die partnerschaftliche Zusammenarbeit bedeuten", erläutert Zeegi Batsukh. Die Fachfrau für interkulturelle Kommunikation war eine der drei Trainer*innen des Workshops. Neben Präsentationen standen daher der Dialog und Austausch in der Gruppe im Vordergrund. "Gerade über Fragen, die im Arbeitsalltag oft untergehen, und ohne Angst, etwas Falsches zu sagen", so Batsukh.

In Kontakt bleiben und sich gegenseitig stärken, das war vielen Teilnehmer*innen so wichtig, dass sie ihre Telefonnummern austauschten.
Der Titel ist Programm: Der Workshop „Kulturbewusst im Dialog“ bot viel Raum für intensive Diskussionen und Austausch darüber, wie Kultur auf verschiedenen Ebenen wirkt und Dialog gelingen kann.
Diskussionen in großer Runde.
Auch Rollenspiele mit Trainer Lawrence Oduro-Sarpong (Mitte) gehörten dazu.
Eine Teilnehmerin schildert ihre Sichtweise, Trainer Lawrence Oduro-Sarpong (links) hört ihr zu.

Der Ansatz, die Fachkräfte aus dem Süden und ihre Kolleg*innen aus den Partnerorganisationen zusammenzubringen, sei wichtig, um die Zusammenarbeit zu stärken, findet José Blanco-Ochando. Seit März 2022 ist er Referent im Team Personalvermittlung im Auftrag von AGIAMONDO. "Das bringt eine ganz andere Dynamik hinein", sagt er.

Emotional und intensiv

Süd-Nord-Fachkraft Valérie Viban reiste mit vielen Fragen im Gepäck an. Die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine – all das belaste die Arbeit, so der Kameruner, der seit 2020 als Referent bei Justitia et Pax in Berlin arbeitet. Der Workshop kam da gerade recht. Der Austausch habe ihm bewusst gemacht, dass manche Hemmnisse, die er bei seiner Arbeit wahrnimmt, auch mit kulturellen Unterschieden zusammenhängen – etwa zwischen gemeinschaftlich und individualistisch geprägten Kulturen. "Zum Teil definieren wir Dinge unterschiedlich und setzen unterschiedliche Prioritäten", sagt er.

Für Valérie Viban, wie auch für die meisten anderen Teilnehmer*innen, war es die erste Gelegenheit, sich so intensiv mit anderen Fachkräften aus dem Süden auszutauschen. Die Offenheit in einer kleinen Gruppe von Menschen, die ähnliche Erfahrungen in ihrem Arbeits- und Lebensalltag teilen oder über ihre Strategien im Umgang mit Rassismus berichteten, hat ihm gutgetan. "Das war mitunter sehr intensiv und emotional", sagt er.

Nicht alles ist veränderbar

"Vor allem die Analyse der 'power dynamics' hat dem Workshop eine tiefere Bedeutung gegeben", sagt Valérie Viban. In den Diskussionen wurde deutlich, dass Machtasymmetrien bestehen, die auch in die Partnerschaftsarbeit und Kommunikation hineinwirken. "Wir leben in einem System mit Hierarchien und Privilegien, das lässt sich nicht wegreden", sagt José Blanco-Ochando. Manche davon seien strukturell in der Gesellschaft verankert und nicht immer veränderbar. "Sie hängen aber nicht mit der einzelnen Person zusammen", betont Trainerin Batsukh. Umso wichtiger sei es daher, sich auf die Gemeinsamkeiten zu konzentrieren und als Teil der Einen Welt zu verstehen.

Prägende Lebensstationen

Für viele Teilnehmer*innen war vor allem die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie ein Highlight. Die Biografiearbeit habe bewusst gemacht, wie Herkunft und Lebensstationen die eigene Denkweise und Wahrnehmung und damit auch die Zusammenarbeit prägen. Auch José Blanco-Ochando fand es aufschlussreich zu sehen, "was in der eigenen Vergangenheit dazu geführt hat, wie man Dinge in der Gegenwart interpretiert".

Eine weitere Einheit des Workshops war der Frage gewidmet, welche Rolle Dekolonialisierung und koloniales Erbe in der Zusammenarbeit spielen. Für viele Teilnehmer*innen war das Thema neu, so Zeegi Batsukh. Für Valérie Viban ist es eine Herzenssache. Er versteht sich als Mediator zwischen den Partnern in Kamerun und Deutschland und fühlt sich nach dem Workshop gestärkt. "Ich beharre jetzt auch mal auf meiner Perspektive, wenn es um den Umgang mit der kolonialen Vergangenheit geht", erklärt er. Schließlich kenne er die Menschen und den Kontext in seinem Heimatland am besten.

Verbindung schaffen und halten

Zugleich brachte der intensive Austausch neue Verbindungen zwischen den Teilnehmer*innen hervor. Sie wollen auch nach dem Workshop in Kontakt bleiben. Ein positiver Nebeneffekt gerade für die Süd-Nord-Fachkräfte, die oft Familie und Freunde zurückgelassen haben, um hier zu arbeiten, findet José Blanco-Ochando. Er empfiehlt, den Kurs für Fachkräfte künftig an den Anfang ihres Aufenthalts zu stellen, um gegenseitiges Kennenlernen zu ermöglichen und die Zusammenarbeit von Beginn an auf einen guten Weg zu bringen.

24.08.2022

Text: Zeegi Batsukh, José Blanco-Ochando, Valérie Viban

Dieser Artikel stammt aus dem AGIAMONDO-Magazin "Contacts", Ausgabe 2/2022. Zum Download der Gesamtausgabe und dieses Artikels.