Der Ansatz, die Fachkräfte aus dem Süden und ihre Kolleg*innen aus den Partnerorganisationen zusammenzubringen, sei wichtig, um die Zusammenarbeit zu stärken, findet José Blanco-Ochando. Seit März 2022 ist er Referent im Team Personalvermittlung im Auftrag von AGIAMONDO. "Das bringt eine ganz andere Dynamik hinein", sagt er.
Emotional und intensiv
Süd-Nord-Fachkraft Valérie Viban reiste mit vielen Fragen im Gepäck an. Die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine – all das belaste die Arbeit, so der Kameruner, der seit 2020 als Referent bei Justitia et Pax in Berlin arbeitet. Der Workshop kam da gerade recht. Der Austausch habe ihm bewusst gemacht, dass manche Hemmnisse, die er bei seiner Arbeit wahrnimmt, auch mit kulturellen Unterschieden zusammenhängen – etwa zwischen gemeinschaftlich und individualistisch geprägten Kulturen. "Zum Teil definieren wir Dinge unterschiedlich und setzen unterschiedliche Prioritäten", sagt er.
Für Valérie Viban, wie auch für die meisten anderen Teilnehmer*innen, war es die erste Gelegenheit, sich so intensiv mit anderen Fachkräften aus dem Süden auszutauschen. Die Offenheit in einer kleinen Gruppe von Menschen, die ähnliche Erfahrungen in ihrem Arbeits- und Lebensalltag teilen oder über ihre Strategien im Umgang mit Rassismus berichteten, hat ihm gutgetan. "Das war mitunter sehr intensiv und emotional", sagt er.
Nicht alles ist veränderbar
"Vor allem die Analyse der 'power dynamics' hat dem Workshop eine tiefere Bedeutung gegeben", sagt Valérie Viban. In den Diskussionen wurde deutlich, dass Machtasymmetrien bestehen, die auch in die Partnerschaftsarbeit und Kommunikation hineinwirken. "Wir leben in einem System mit Hierarchien und Privilegien, das lässt sich nicht wegreden", sagt José Blanco-Ochando. Manche davon seien strukturell in der Gesellschaft verankert und nicht immer veränderbar. "Sie hängen aber nicht mit der einzelnen Person zusammen", betont Trainerin Batsukh. Umso wichtiger sei es daher, sich auf die Gemeinsamkeiten zu konzentrieren und als Teil der Einen Welt zu verstehen.
Prägende Lebensstationen
Für viele Teilnehmer*innen war vor allem die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie ein Highlight. Die Biografiearbeit habe bewusst gemacht, wie Herkunft und Lebensstationen die eigene Denkweise und Wahrnehmung und damit auch die Zusammenarbeit prägen. Auch José Blanco-Ochando fand es aufschlussreich zu sehen, "was in der eigenen Vergangenheit dazu geführt hat, wie man Dinge in der Gegenwart interpretiert".
Eine weitere Einheit des Workshops war der Frage gewidmet, welche Rolle Dekolonialisierung und koloniales Erbe in der Zusammenarbeit spielen. Für viele Teilnehmer*innen war das Thema neu, so Zeegi Batsukh. Für Valérie Viban ist es eine Herzenssache. Er versteht sich als Mediator zwischen den Partnern in Kamerun und Deutschland und fühlt sich nach dem Workshop gestärkt. "Ich beharre jetzt auch mal auf meiner Perspektive, wenn es um den Umgang mit der kolonialen Vergangenheit geht", erklärt er. Schließlich kenne er die Menschen und den Kontext in seinem Heimatland am besten.
Verbindung schaffen und halten
Zugleich brachte der intensive Austausch neue Verbindungen zwischen den Teilnehmer*innen hervor. Sie wollen auch nach dem Workshop in Kontakt bleiben. Ein positiver Nebeneffekt gerade für die Süd-Nord-Fachkräfte, die oft Familie und Freunde zurückgelassen haben, um hier zu arbeiten, findet José Blanco-Ochando. Er empfiehlt, den Kurs für Fachkräfte künftig an den Anfang ihres Aufenthalts zu stellen, um gegenseitiges Kennenlernen zu ermöglichen und die Zusammenarbeit von Beginn an auf einen guten Weg zu bringen.
24.08.2022
Text: Zeegi Batsukh, José Blanco-Ochando, Valérie Viban
Dieser Artikel stammt aus dem AGIAMONDO-Magazin "Contacts", Ausgabe 2/2022. Zum Download der Gesamtausgabe und dieses Artikels.