Als Fachkraft für Friedenserziehung und Organisationsentwicklung im Zivilen Friedensdienst arbeiten Sie bei der Diözese Bafoussam bei der Durchführung von friedensfördernden Maßnahmen in Schulen mit. Inwieweit sind die genannten Konflikte dabei relevant?
Die Justitia et Pax-Kommission in Bafoussam arbeitet nicht konkret zu den Konflikten, wir beteiligen uns aber an Solidaritätsaktionen wie gemeinsamen Gebeten. In der Arbeit an den Schulen merken wir aber, dass mit Ankunft der geflüchteten Menschen aus dem Nord-Westen auch die Stereotypen gegenüber der anglophonen Bevölkerung bei uns präsenter werden – zum Beispiel dadurch, dass die Schulhofprügelei zwischen einem anglophonen und einem frankophonen Jungen schnell eine politische Dimension erhält.
Akteure der Diözese Bafoussam haben bereits lange vor den aktuellen Eskalationen erkannt, dass Friedensarbeit in Kamerun notwendig ist, da Gewalt hier an der Tagesordnung ist. In Schulen werden die Kinder beispielsweise mit Schlägen bestraft, obwohl das offiziell verboten ist. Und auch in den Familien wird viel geschlagen. Wenn in Familien gewaltsam miteinander umgegangen wird, prägt das natürlich die Kinder. Da setzen wir mit präventiven Maßnahmen an.
Wie sehen diese Maßnahmen konkret aus?
Wir bauen in den katholischen Schulen sogenannte Gerechtigkeits- und Friedensclubs auf, in denen die Lehrpersonen mit den Kindern gewaltfreie Konfliktlösungen erarbeiten. In der neuen Projektphase, die im Mai startet, sollen auch die Eltern mit einbezogen werden. Denn wir haben gemerkt, dass es eine Sache ist, in den Schulen mit den Kindern zu arbeiten – in den Familien sind dann doch häufig andere Werte vorhanden, als in den Friedensclubs. Damit die Kinder aber von allen Seiten friedvolle Werte vermittelt bekommen, ist es in unseren Augen sehr wichtig, auch die Eltern mit einzubeziehen.
An welchen Stellen im Schulsystem müsste man Ihrer Meinung noch ansetzen, um langfristig einen gewaltfreieren Umgang in Schulen zu ermöglichen?
Die größte Wirkung können wir erzielen, wenn wir die Lehrerinnen und Lehrer für unseren Ansatz gewinnen können. Im Lehramtsstudium an den Universitäten wird oftmals nicht die friedvolle, partizipative Lehrmethode vermittelt, die in der Friedenserziehung als ideal gesehen wird – nämlich friedlich und im Dialog mit den Kindern. Einige Lehrer brauchen sehr lange, um den Ansatz zu verinnerlichen und ihr Verhalten dementsprechend zu ändern. So etwas dauert einfach sehr lange.
Ihren Vertrag als ZFD-Fachkraft haben Sie bis 2022 verlängert. Was möchten Sie bis dahin noch erreichen?
Ich würde mich freuen, wenn wir es schaffen, durch die Konzentration unserer Kräfte in einigen Pilotgemeinden mit den Schülern und den Eltern zu arbeiten und dadurch konkretere Erfolge erzielen. In einigen Familien auf allen Ebenen zu erreichen, dass ein friedliches Miteinander gelebt wird, würde den Kindern ermöglichen, in einem konsistenten Umfeld ohne Gewalt groß zu werden. Momentan sind die Kinder noch den unterschiedlichen Signalen von Schule, Friedensclubs und der eigenen Familie ausgesetzt. Wenn wir erreichen, dass die Menschen neue Werte verinnerlichen und dementsprechend auch ihr Verhalten ändern können, hätte das das Potential, dass andere Gemeinden davon angesteckt werden könnten.
Welche strukturelle Änderung wäre dafür nötig?
Eine wichtige Voraussetzung wäre, dass der gewaltfreie Umgang mit Kindern auch im Lehrplan an den Universitäten verankert wird. In der Diözese selbst wird dies angedacht, wir haben sogar ein Kapitel für das Lehrbuch zur Kultur des Friedens für den Katechismusunterricht geschrieben. Ich würde mich freuen, wenn es der Justitia et Pax-Kommission in Bafoussam gelingt, diesen Aspekt mit in die Lehre an den katholischen Ausbildungsinstituten einzubringen. Denn eigentlich ist die Kultur des Friedens ein Teil gelebtes Evangelium.
Interview: Theresa Huth