Internationaler Workshop in Liberia – gemeinsam Lernen und Versöhnung stärken

Vom 17.-21. 04. 2023 fand der internationale Workshop "Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit und Versöhnung – Lernen durch Erfahrungen in Liberia" statt. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Deutschen Kommission Justitia et Pax und AGIAMONDO in Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche in Liberia.

 

Wenn Gewalt über eine lange Zeit das Leben von Gemeinschaften bestimmt, bedeutet dies tiefe Einschnitte und Brüche im Leben der betroffenen Menschen. Die verstörenden Erfahrungen prägen Selbstverständnis, Weltsicht, Kommunikation und Handlungsmuster aller. Individuelle und gesellschaftliche Heilungsprozesse sind notwendig, damit alle gleichermaßen wieder an gesellschaftlichen Prozessen teilhaben und ihr Leben wieder selbst gestalten können.

Aber wie kann Versöhnung vor dem Hintergrund von zerstörten Beziehungen, Misstrauen, Angst und sozialer Fragmentierung gelingen? Viele Partnerorganisationen von AGIAMONDO arbeiten im Zivilen Friedensdienst zu diesem Thema – mit dem Ziel, die Gesellschaft neu zu gestalten. Das bedeutet u. a., sich auf langwierige Aushandlungsprozesse von Wahrheitsfindung, Herstellung von Gerechtigkeit und den (Wieder-)Aufbau von tragfähigen Beziehungen einzulassen. Sich dabei mit dem Unversöhnten zu konfrontieren und den Verletzungen nicht aus dem Weg zu gehen, ist ein wichtiger Schritt auf einem Weg, der sich immer wieder neu daran ausrichtet, die Würde der von Gewalt betroffenen Menschen wiederherzustellen.

Eröffnung des Workshops. Eine Woche lang werden die Teilnehmenden sich zu Erfahrungen des Umgangs mit gewaltbelasteter Vergangenheit in Liberia austauschen und mit verschiedenen Akteur*innen zusammentreffen.
Gemeinsamer Gottesdienst aller Teilnehmer*innen vor der Workshoperöffnung.
An dem Ort, an dem die Minister der Regierung unter William Tolbert ermordet wurden, gibt es keine Gedenkstätte. Er wird derzeit zugebaut, deshalb legten die Teilnehmer*innen den Kranz für die Getöteten am Strand nieder.
ZFD-Länderkoordinatorin Marion Körbel beim Besuch eines Militärgefängnisses, wo während des Bürgerkriegs politische Gefangene inhaftiert waren.
Besuch im National Museum in Monrovia, wo auch an das 50-jährige Bestehen der Genfer Konvention erinnert wird.
Nach ihrer Ankunft in Monrovia besuchen die Teilnehmer*innen das National Museum, um sich dem Thema des Workshops anzunähern.
Die Teilnehmer*innen des ZFD-Workshops in Liberia.

Mit den Erfahrungen aus der Praxis solcher Prozesse und dem Austausch darüber, befasste sich der internationale Workshop in Monrovia/Liberia, gemeinsam organisiert von der Deutschen Kommission Justitia et Pax und AGIAMONDO zusammen mit der katholischen Kirche in Liberia. Es nahmen rund 50 Personen daran teil, die zu dem Thema in ihren Herkunftsländern arbeiten, darunter Mitglieder der liberianischen Bischofskonferenz und Vertreterinnen von Partnerorganisationen aus afrikanischen, lateinamerikanischen und asiatischen Ländern.

Der Workshop ist Teil der Arbeit zum Schwerpunktthema "Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit" im Zivilen Friedensdienst (ZFD) von AGIAMONDO. Nach ähnlichen Veranstaltungen, z. B. in Uganda, Kolumbien und Deutschland, war dies der achte Workshop dieser Art. Mit der Workshop-Reihe sollten die beteiligten Akteur*innen – Vertreter*innen von Partnerorganisationen und Fachkräfte – in einen Erfahrungsaustausch zu ihrer Arbeit gebracht werden, einen Raum für gemeinsames Lernen anhand eines ausgewählten Landeskontextes erhalten und ihre Vernetzung sowie ihr Engagement gestärkt werden.

Während des 14 Jahre andauernden Bürgerkrieges in Liberia von 1989 bis 2003, wurden rund 250.000 Menschen ermordet. Rund eine Million Menschen floh ins Ausland. Die Grenzen zwischen Opfern, Täter*innen und Friedensakteur*innen verwischen zum Teil. Dies ist eine Herausforderung für die Bemühungen um Friedenskonsolidierung und Versöhnung und bedeutet, dass der Frieden in Liberia auch 20 Jahre nach dem offiziellen Ende des Bürgerkriegs im Jahr 2003 noch immer fragil ist. Die Teilnehmer*innen in Monrovia trafen mit Menschen zusammen, die Gewalt erlitten und ausgeübt haben sowie mit Vertreter*innen von Initiativen, die sich um Versöhnung und die Gestaltung eines friedlichen Zusammenlebens bemühen.

Neben dem besonderen Ansatz, Erfahrungen durch direkte Begegnung und Austausch zu machen, war die Aufmerksamkeit der internationalen Teilnehmer*innen für die in Liberia gemachten Erfahrungen ein konkretes Zeichen der Solidarität mit all jenen, die sich dort für die schwierige Arbeit in Friedens- und Versöhnungsprozessen einsetzen. Diese Solidarität galt insbesondere den Opfern, deren (Leidens-)Erfahrungen und Perspektiven im Mittelpunkt des Workshops standen. Der Workshop befasste sich darüber hinaus mit Fragen der strafrechtlichen Verfolgung und Wiedereingliederung von Täter*innen.

Martin Vehrenberg, stellvertretender Geschäftsführer von AGIAMONDO, sagte: "Diese Art der Zusammenarbeit ist nicht zuletzt ein Ausdruck unseres Selbstverständnisses von Kirche als Lerngemeinschaft. Wir wollen mit dem Workshop die Kirche in Liberia in ihrer Arbeit und ihrem Zeugnis unterstützen, gerade auch angesichts der aktuellen politischen Herausforderungen." Ein solches Zeugnis der Weltkirche, so Vehrenberg weiter, das die Vielfalt und den Reichtum der Erfahrungen und die Einheit des Engagements zum Ausdruck bringt, sei gerade im Hinblick auf die Globalisierung von großer Bedeutung.

Zum Download: Abschlusskommuniqué der Veranstalter vom 21.04.2023

24.04.2023

Text: Katharina Engels, Friederike Repnik