Für den AGIAMONDO-Engagement-Preis nominiert: Der Arbeitskreis Balkan von pax christi Aachen lenkt den Blick auf die Lebensverhältnisse der Menschen in einer unterschätzten Region

Bei dem Treffen des Arbeitskreises Balkan von pax christi in Heidelberg sind Sebastian Heidenthal, Lara Weller, Simon Mallas und Lea Scholtes dabei (von links). Nicht dabei sind Judith Gebhardt und Gerda Seidelmann.

Der Balkan – mit der Region verbinden viele die Bilder des Kriegs beim Auseinanderbrechen Jugoslawiens, Nachrichten von kriselnden Beziehungen zwischen Staaten, aber auch schöne Urlaubserlebnisse an den Küsten Kroatiens oder Montenegros oder die Filmkulissen von Game of Thrones und James Bond.

Die Realität in den Balkanstaaten in diesen Tagen spricht eine ganz andere Sprache und ist weder schwarz noch weiß, sondern vielschichtig. Darüber wollen die Mitglieder des Arbeitskreises (AK) Balkan von pax christi Aachen – Sebi Heidental, Lara Weller, Simon Mallas, Gerda Seidelmann und Judith Gebhard – berichten. Seit dem Sommer 2020 treffen sich die fünf ehrenamtlichen ehemaligen Freiwilligen, die alle zwischen 2011 und 2020 einen Friedensdienst in Bosnien-Herzegowina, dem Kosovo oder Nordmazedonien geleistet haben. Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 haben sie sich mit Unterstützung der Referentin für Friedensdienste im weltwärts-Programm, Lea Scholtes, zusammengetan, um die Themen des Balkans mehr in die deutsche Öffentlichkeit zu rücken. Zudem wollen sie sich selbst fortbilden, Freiwillige, die in der Region ihren Friedensdienst leisten oder aus der Region nach Deutschland kommen, begleiten und den Kontakt zu ihren Gastländern lebendig gestalten.

Die Pandemie hat dabei auch auf dem Balkan besondere Herausforderungen geschaffen. Die subjektiven Erfahrungen der Menschen dort in der Corona-Zeit stehen im Fokus der Balkan-Freiwilligen. Dazu haben sie Interviews geführt und die Ergebnisse als Social-Media-Posts veröffentlicht. Die Resonanz auf die Veröffentlichung war groß und positiv. Auf diese Weise haben viele Menschen erstmals einen Einblick in die Lebensrealität vor Ort erhalten.

 

Eindrücke aus den Social Media Posts von Lara Weller
Eindrücke aus den Social Media Posts von Lara Weller
Eindrücke aus den Social Media Posts von Simon Mallas
Eindrücke aus den Social Media Posts von Simon Mallas
Eindrücke aus den Social Media Posts von Gerda Seidelmann
Eindrücke aus den Social Media Posts von Gerda Seidelmann

 

Lara Weller ist eine der fünf Freiwilligen und berichtete von ihren bewegenden Erfahrungen mit dem Zentrum für soziale Initiativen Nadez (C.S.I. Nadez), einer lokalen Nichtregierungsorganisation in Skopje, Nordmazedonien. Seit rund 23 Jahren setzt sich C.S.I. Nadez unter anderem mit einem Bildungszentrum und sozialer Arbeit für die Förderung der sozialen Rechte und Bildungschancen marginalisierter Gruppen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen aus der Roma-Community ein, denn Antiziganismus ist in Europa immer noch allgegenwärtig und führt zu Diskriminierung und Ausgrenzung. Schlechtere wirtschaftliche Chancen und Bildungsungerechtigkeit tragen dazu bei, dass Kinder und Jugendliche aus der Roma-Community es besonders schwer haben, einen Schulabschluss zu machen. Die Kinder können täglich ins Bildungszentrum kommen, wo sie einen Snack erhalten und sich von den Pädagog*innen bei den Hausaufgaben helfen lassen, Nachhilfe in Fächern wie Mathematik, Englisch oder Mazedonisch erhalten und Internet-Recherchen für Schulprojekte durchführen können.

Als zweites Vorhaben haben sich die ehemaligen Freiwilligen mit der Situation von Geflüchteten an der bosnisch-kroatischen Grenze und dem beschwerlichen Weg über die sogenannte Balkanroute beschäftigt. Mit hohem Engagement haben sie in Eigenregie kurzerhand Expert*innen gesucht und Kontakt zu einer Aktivistin vor Ort aufgebaut. Sie haben eine Online-Diskussion über Zoom organisiert, beworben und sehr erfolgreich durchgeführt.

Bei einem ersten Präsenztreffen mit dem Schwerpunkt Antiziganismus wurden Expert*innen auf dem Balkan dazugeschaltet sowie der Besuch des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg und ein damit verbundenes neues Projekt geplant.

Der Arbeitskreis Balkan lenkt als Teil der Friedensbewegung pax christi mit all diesen Aktivitäten den Blick auf eine Region, die in der Öffentlichkeit widersprüchlich wahrgenommen wird und oftmals auch im Bereich der Freiwilligendienste untergeht.

Text: Carola Battistini-Goldmund

18.10.2021

AGIAMONDO Engagement-Preis: Freiwilligendienste im Fokus

Mit dem AGIAMONDO Engagement-Preis, der seit 2019 vergeben wird, möchten wir Frauen und Männer ehren, die sich in den Entwicklungs- oder Friedensdienst stellen, die sich stark machen für strukturelle Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Frieden und Teilhabe und so für die unveräußerliche Würde eines jeden Menschen eintreten. Frauen und Männer, die die Klage der Armen und die Klage der Erde (Laudato Si‘) anrührt und die sich in den Dienst an Mensch und Erde nehmen lassen. Nicht nur fachlich, sondern mit Herz und Verstand. Wir denken an Frauen und Männer, die Begegnung und Nähe zulassen, Vertrauen aufbauen und deren gelebte Haltung und Solidarität personelle Entwicklungs- oder Friedensarbeit erst lebendig werden lassen. Und die bewusst – nicht leichtfertig – Risiken eingehen und Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen. Oft im Hintergrund und nicht auf der großen Bühne, aber mit großer Zuversicht und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft für die Schöpfung. Das können sowohl Fachkräfte als auch Personen aus den Partnerorganisationen im Süden, Osten oder Norden sein.

Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums von FID – Fachstelle internationale Freiwilligendienste soll der Preis im Jahr 2021, Engagierte aus der Welt der Freiwilligendienste auszeichnen. Ganz nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ möchten wir mit dem AGIAMONDO Engagement-Preis dazu beitragen, dass weltweites Engagement sichtbar wird und ansteckt. Vor allem aber möchten wir uns bei den Preisträger*innen, stellvertretend für die vielen anderen, die es auch verdient hätten, ganz herzlich bedanken.

Wer wird ausgezeichnet?
Ausgezeichnet können alle werden, die sich als Freiwillige/Rückkehrer*innen/Partner/Träger… oder wie auch immer, im Rahmen der internationalen Freiwilligendienste für Begegnung, Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung einsetzen.

Wie bewerbe ich mich?
Und kann ich auch jemanden vorschlagen? Es können sowohl Vorschläge als auch Eigenbewerbungen eingereicht werden.

Was erwartet den*die Preisträger*in?
Wir wollen Ihr Engagement sichtbar machen und wollen damit andere Menschen dafür begeistern, sich auch selbst zu engagieren. Wir danken der Pax-Bank Köln für ihre großzügige Gabe eines Preisgelds von insgesamt 2.000€. Außerdem besteht die Auszeichnung aus einer der berühmten Königsskulpturen des Bonner Diakon und Holzbildhauers Ralf Knobloch. Wir freuen uns sehr, dass er wieder eine seiner König*innen als Preis stiftet.

Wann ist Bewerbungsschluss?
Vorschläge und Bewerbungen konnten bis zum 31.08.2021 eingereicht werden.

Was reiche ich als Bewerbung/Vorschlag ein?
So vielfältig, wie die Formen des Engagements können auch die Bewerbungen oder Vorschläge sein. Natürlich brauchen wir einen Namen und Informationen zur Person. Eine Beschreibung des Engagements und der Ziele sowie Links, Flyer oder sonstiges Material, was die Jury überzeugen könnte. Bitte auf Deutsch oder in Englisch. Alles am besten digital.

Wann findet die Preisverleihung statt?
Am 12.11.2021 laden wir von 14:00 bis 16:00 (MEZ) zu einer Online-Preisverleihung ein. Die nominierten Bewerber*innen stellen hier ihr Projekt selbst vor.

Hier können Sie sich für die Online-Preisverleihung anmelden.

Jurymitglieder:
Wolfgang Altenrath
, Regionaldirektor Pax-Bank eG;
Gertrud Casel, langjährige Geschäftsführerin der Deutschen Kommission Justitia et Pax;
Dr. Markus Demele, Generalsekretär von KOLPING INTERNATIONAL und Vorstandsvorsitzender AGIAMONDO; 
Padre Luis Carlos Hinojosa Moreno, Priester und Fachkraft in der Diözese Aachen;
Christel Wasiek, ehemalige Fachkraft in Lateinamerika und langjährige Abteilungsleiterin bei AGIAMONDO