Unrecht dokumentieren und publik machen

Mahoudagba Christophe Adjassoho arbeitet als Agiamondo-Fachkraft für Misereor in der ‎Hafenstadt Pointe Noire, dem bedeutendsten wirtschaftlichen Zentrum der Republik ‎Kongo. Internationale Konzerne profitieren dort vom Ressourcenreichtum der Region. Die ‎Bevölkerung hingegen leidet unter Ausbeutung, Armut und Gewalt. Mit dem Team der ‎Kommission für Gerechtigkeit und Frieden dokumentiert Adjassoho die Missstände und ‎macht sie in der Öffentlichkeit publik. ‎

Christophe Adjassohos Arbeitstag beginnt um 8:30. Im Büro der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden der Diözese in Pointe Noire begrüßt ihn seine Kollegin schon mit Kamera und Laptop unterm Arm. Gemeinsam wollen sie das Videomaterial auswerten, das sie gestern in einem nahegelegenen Dorf aufgenommen haben. „Die Bewohner dort warten immer noch auf eine Entschädigung für die Enteignung ihrer Äcker, unter denen Öl gefunden wurde“, sagt Adjassoho. Ohne Land fehle ihnen ihre Lebensgrundlage. „Wir haben ihre schwierige Situation dokumentiert, um ihrem Anliegen Gehör zu verschaffen.“

Transparenz in der Rohstoffindustrie einfordern

Dass Konzerne und Politiker*innen Land zum Zweck der Öl- oder Gasförderung einfach beschlagnahmen, komme häufig vor, berichtet der aus Benin stammende Österreicher. Seit 2018 ist er für die Kommission der Diözese als Experte für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit tätig und hat schon viel erlebt. Auch die Arbeitsbedingungen in den Raffinerien seien oft schlecht, sagt er. „Da kam es schon zu tödlichen Unfällen, die die Unternehmen dann nicht aufklären wollten.“

Im Rahmen der Initiative „Publiez ce que vous payez“ (PCQVP), einem weltweiten Verbund zivilgesellschaftlicher Organisationen, die mehr Transparenz in der Rohstoffindustrie fordern, geht Adjassoho als Berater der Kommission den Ursachen auf den Grund. Mit seinen Kolleg*innen sammelt er Informationen und erstellt Forderungspapiere, die den Verantwortlichen vorgelegt werden. „Wenn sich gar nichts bewegt, spielen wir unsere Recherchen den Medien zu, um öffentlichen Druck zu erzeugen.“ In vielen Fällen seien Missstände dadurch aufgedeckt und die Verursacher zur Verantwortung gezogen worden.

Polizeigewalt anzeigen

Bei der Kommission kümmern sich Adjassoho und das Team für Öffentlichkeitsarbeit außerdem um den Internetauftritt, sie veröffentlichen Berichte auf Facebook oder Instagram oder zeigen Mitgliedern von Pfarrgemeinden, wie sie selbst offizielle Beschwerden formulieren können. Dabei geht es nicht immer nur um Landenteignung oder Ausbeutung. „Auch Polizeigewalt ist ein Problem“, sagt Adjassoho. Täglich käme es vor, dass Jugendliche auf der Straße erschossen würden, weil sie angeblich einer kriminellen Bande angehörten. Wollen Angehörige eine Erklärung, würden sie selbst bedroht. Gemeinsam mit Anwälten steht die Kommission den Familien bei und bringt die Fälle vor Gericht.

Hoffnung geben trotz Gefahr

Dass seine Arbeit gefährlich ist, weiß Christophe Adjassoho. Er legt den Finger in die Wunde der Mächtigen, das sehen viele nicht gern. Damit ihm nichts passiert, hält er sich an bestimmte Verhaltensregeln, die auch seine Familie befolgt. Sie lebt mit ihm in Pointe-Noire. Trotzdem mache er seine Arbeit gern. „Ich lerne viel von den Kolleg*innen und es gibt mir Kraft, den Menschen beizustehen, die so viel Ungerechtigkeit erlebt haben.“ Er könne ihnen ihre Probleme zwar nicht abnehmen, sagt Adjassoho. „Aber ich kann ihnen Mut machen und Wege zeigen, wie sie sich gegen das Unrecht wehren können.“

 

Text: Eva Helm, Fotos: Mahoudagba Christophe Adjassoho