„Es wird nie langweilig“
Seit zehn Jahren ist Ulrike Hemmerling dem Zivilen Friedensdienst (ZFD) verbunden. Bevor sie 2016 als ZFD-Koordinatorin für die AGIAMONDO nach Kolumbien ging, arbeitete sie für DED/GIZ in Guatemala. Heute lebt die 46-jährige Dipl.-Psychologin mit ihrer Familie in Bogota.
Was hat Sie motiviert nach Kolumbien zu gehen?
Der Friedensprozess, der mich sehr interessiert, war in vollem Gange, als ich mich auf die Stelle als ZFD-Koordinatorin für AGIAMONDO bewarb. Außerdem stammt mein Mann aus Kolumbien und für unsere beiden Kinder ist es wichtig, das Land zu erleben.
Was begeistert Sie am Zivilen Friedensdienst?
Als Koordinatorin reizt mich die große Bandbreite an Themen und Herausforderungen im ZFD. Das Programm engagiert sich in Krisen- und Konfliktregionen. Es stärkt Partnerorganisationen, die Veränderungsprozesse voranbringen wollen und hilft, Gewalt aufzuarbeiten und zu überwinden. Diese gesellschaftlichen Veränderungen sind ohne die Zivilgesellschaft undenkbar. Und doch fehlt es gerade ihr an technischer, finanzieller und moralischer Unterstützung.
Hier unterstützt der ZFD mit dem Entsenden von Fachkräften, Fortbildungen, Vernetzungen und Finanzierungen. Alleinstellungsmerkmale des ZFD im Spektrum der internationalen Zusammenarbeit sind die langfristige Begleitung und der Aufbau von Partnernetzwerken.
Wo liegen die Schwerpunkte des ZFD in Kolumbien?
ZFD-Fachkräfte der AGEH unterstützen ihre Partnerorganisationen bei der Bearbeitung von Land- und Ressourcenkonflikten, gewaltbelasteter Vergangenheit und bei der Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen. Die Zivilbevölkerung leidet unter dem mehr als 50 Jahre dauernden Bürgerkrieg und der Gewalt von Paramilitärs, Guerillagruppen, kriminellen Banden. Viele Menschen wurden von ihrem Land vertrieben, das danach umverteilt wurde und nun oft agroindustriell genutzt wird, z. B. für den Anbau von Palmöl, Bananen, Viehzucht.
Kolumbien ist mit ca. sieben Millionen intern Vertriebenen und der größten ungleichen Verteilung von Landbesitz weltweit in einer Spitzenposition. Ca. 1% der Landbesitzer verfügen über 80% des bebaubaren Landes. Landreform bzw. Rückgabe sind politisch hoch brisante Themen. Konfliktverschärfend werden zudem bäuerliche, afrokolumbianische und indigene Gemeinden durch Energiegewinnungs- und Bergbauprojekte bedroht. Der ZFD unterstützt kirchliche und zivilgesellschaftliche Organisationen mit rechtlichen und psychosozialen Ansätzen sowie mit Theaterpädagogik, Friedensjournalismus, Advocacy oder Umweltmonitoring. Seit Abschluss des Friedensvertrages nehmen friedenspädagogische und versöhnungsorientierte Initiativen zu. Allerdings nimmt die Gewalt in Kolumbien aktuell wieder zu, daher geht es immer auch um das Aufzeigen aktueller Menschenrechtsverletzungen und die Begleitung von Opfern der Gewalt.