Neues Seminarangebot: Sicherheit auf Dienstreisen

Beim neuen Sicherheitstraining für Dienstreisende, die für Organisationen in der internationalen Zusammenarbeit tätig sind, erfahren die Teilnehmer*innen an praktischen Beispielen, wie sie ihre Sicherheit auf Auslandsreisen verbessern können.

 

Stellen Sie sich vor, Sie sind auf Dienstreise im Ausland. Sie sitzen im Taxi und sind unterwegs zu einem Projektbesuch. An einem Checkpoint werden Sie angehalten, die Beamten wollen Papiere sehen, sie wirken ungeduldig und reden eindringlich auf den Fahrer ein. Wie verhalten Sie sich?

Solche und ähnliche Szenen sind Teil des neuen Sicherheitstrainings bei AGIAMONDO. Es richtet sich an Mitarbeiter*innen von AGIAMONDO-Partnerorganisationen, Auftraggeber und Fachkräfte, die sich über den Grundlagenkurs "Lokales Sicherheits-Management, Persönliche Sicherheit und Selbstfürsorge" (siehe AGIAMONDO-Seminarprogramm) hinaus mit Sicherheitsfragen beschäftigen wollen.

Beim Rollenspiel bekommen die Seminarteilnehmer Persönlichkeitsprofile zugewiesen, die Probleme bei der Einreise verursachen können.
Übung: Wie verhalte ich mich in kritischen Situationen...
... zum Beispiel, wenn es Probleme bei der Passkontrolle gibt?
Teilnehmer*innen des Seminars und Referent Reto Wegmann (Mitte) sortieren die Elemente des "Safety and Security Risik Management"-Frameworks an der Pinnwand.
Franziska Heizmann und Reto Wegmann erläutern das Framework beim AGIAMONDO-Inhouse-Seminar im November 2021.

Wie gelingt sicheres Reisen?

In dem dreitägigen Training vermitteln die Trainer*innen Franziska Heizmann, Reto Wegmann, David Smallwood und Samuel Heer den Teilnehmer*innen theoretisches und fachliches Know-how zu sicherem Reisen: Wie kann ich mich gut auf die anstehende Reise vorbereiten? Worauf muss ich in Zeiten von Corona besonders achten? Wie kommuniziere ich bei Passkontrollen in Grenzgebieten? Wie bewahre ich vor Ort auch in brenzligen Situationen Ruhe? Und auch: Wie gehe ich sensibel damit um, wenn sich meine Angehörigen zu Hause um mich sorgen während ich weg bin? Welche Themen erwarten mich möglicherweise bei der Rückkehr: Erschöpfung nach der langen Reise, Erwartungen der Familie, Schwierigkeiten beim Wiedereinstieg in den Alltag zu Hause?

Zwei Seminare dieser Art fanden aufgrund hoher Nachfrage beim AGIAMONDO-Auftraggeber missio in Aachen statt, eines vor Ort bei AGIAMONDO in Köln. Die weiteren Seminare sind grundsätzlich inhouse bei AGIAMONDO geplant, können auf Anfrage aber auch bei den jeweiligen Organisationen stattfinden. Sie werden auf Englisch durchgeführt, bei Bedarf auch auf Deutsch.

Risiken erkennen und Strategien entwickeln

In dem Seminar werden die Teilnehmer*innen von den Trainer*innen in das sogenannte Safety and Security Risk Management (SSRM) eingeführt. Ziel ist es, Risiken bei Auslandsreisen zu erkennen und sich präventiv auf diese vorzubereiten. Das können zum Beispiel erschwerte Einreisebedingungen sein, die sich wegen der fortdauernden Coronapandemie ständig ändern. In vielen Gebieten, in die Mitarbeiter*innen internationaler Organisationen reisen, kann es aber auch zu Überfällen, Korruptionsversuchen oder Belästigungen kommen. Wie reagiere ich darauf? Wie vermeide ich derartige Situationen im besten Fall? Wie kommuniziere ich generell mit den Menschen, die mir begegnen? In Rollenspielen üben die Teilnehmer*innen, wie sie die im Training entwickelten Strategien in verschiedenen Situationen anwenden können.

Trotz meiner langjährigen Arbeits- und Reiseerfahrungen habe ich in diesem Training viel Neues gelernt.

Seminarteilnehmer Jörg Hilgers

Einen realistischen Blick auf Dienstreisen vermitteln

Anders als bei den Sicherheitstrainings für Fachkräfte, in dem die Teilnehmer*innen unter anderem einen ausführlichen lokalen Sicherheitsplan erstellen, steht im neuen Training das sichere Reisen im Fokus. Schließlich wechseln Mitarbeiter*innen und Berater*innen internationaler Organisationen auf Dienstreisen oft die Standorte. "Im Grunde sprechen wir alle Phasen einer Dienstreise durch, von der Vorbereitung über die Zeit vor Ort bis zur Rückkehr", erklärt Sicherheitsexperte David Smallwood. Es gehe um einen realistischen Blick auf Dienstreisen, ohne Beschönigungen, aber auch ohne Panikmache. "Wir spielen hier nicht nur Worst-Case-Szenarien durch, sondern wollen bei den Teilnehmer*innen die Aufmerksamkeit dafür schärfen, in welche Situationen sie während einer Auslandsreise geraten können und wie sicheres Reisen trotzdem gelingen kann", betont auch Dr. Clara Braungart, Sicherheitsbeauftragte bei AGIAMONDO.

So analysieren die Teilnehmer*innen unter anderem ihre eigene Rolle und die Kontexte, in denen sie sich bewegen. Sie lernen, zwischen Bedrohungspotenzialen und eigener Verwundbarkeit zu unterscheiden. Die Trainer*innen unterstützen die Teilnehmer*innen dabei, bisherige Erfahrungen und Annahmen kritisch zu reflektieren.

"Professionell und praxisnah"

"Der Kurs war exzellent strukturiert und sehr praxisorientiert", zieht Jörg Hilgers Bilanz. Der Theologe und politische Ökonom ist seit 26 Jahren in der Entwicklungszusammenarbeit tätig und hat im November 2021 am Sicherheitstraining für Dienstreisende teilgenommen. "Trotz meiner langjährigen Arbeits- und Reiseerfahrungen habe ich in diesem Training viel Neues gelernt", sagt Hilgers. Als Vielgereister wiege man sich manchmal in trügerischer Sicherheit und gehe davon aus, dass auch künftige Reisen problemlos verliefen. Er hält das im Sicherheitstraining vermittelte Konzept der "situational awareness" für sehr hilfreich. Das bedeutet: die Umgebung bewusst wahrnehmen, ihre Bedeutung verstehen und Veränderungen frühzeitig erkennen. Außerdem nehme er mit, wie wichtig der Austausch mit den lokalen Partnern für die Vorbereitung der Dienstreise sei. Schließlich seien diese am besten über die Kontexte vor Ort informiert.

Auch Bettina Leibfritz, Theologin und seit 20 Jahren Asienreferentin bei missio, lobt das neue Sicherheitstraining. "Die beiden Referent*innen waren sehr professionell, empathisch und ein ausgezeichnetes Team", sagt sie über Heizmann und Smallwood, die das Training für missio im August 2021 durchgeführt hatten. Durch die Rollenspiele und vielen konkreten Beispiele aus den eigenen Erfahrungen der beiden Sicherheitsexpert*innen sei das Training sehr lebendig und praxisnah gewesen.

Sicherheitstrainings für Süd-Nord-Fachkräfte: Bedarf vorhanden

Ob es künftig auch ein zusätzliches Seminarangebot zum Thema Sicherheit für Süd-Nord-Fachkräfte geben wird oder für Dienstreisende, die aus dem globalen Süden in den Norden kommen, ist noch offen. Themen könnten hier zum Beispiel sein: Wie geht man mit fremdenfeindlichem Verhalten um? Wohin können sich Fachkräfte aus dem globalen Süden wenden, um sich diesbezüglich Unterstützung zu holen? "Der Bedarf zu diesen Themen ist da", sagt Clara Braungart. AGIAMONDO arbeite daran, das Trainingsangebot auch für die Süd-Nord-Fachkräfte entsprechend auszubauen.

Referentin Franziska Heizmann
Referent David Smallwood
Referent Reto Wegmann
Referent Samuel Heer

Wissenswert

Über die Referenten:

Franziska Heizmann
ist studierte Juristin. Sie hat für die schweizerische Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit in der Abteilung humanitäre Hilfe gearbeitet und ist Mitglied der Fachgruppe Sicherheit im Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe. Seit 2007 ist Heizmann freiberufliche Beraterin für Sicherheit und Krisenmanagement. Sie berät NGOs in verschiedenen Ländern zum Thema Sicherheitsmanagement und hat u. a. in Afghanistan, Haiti, Syrien und Libyen gearbeitet.

Samuel Heer hat Masterabschlüsse in Sicherheitsmanagement und psychodynamischer Organisationsentwicklung sowie ein Certificate of Advanced Studies in Krisenkommunikation. Er ist aktiver Milizoffizier der Schweizer Armee mit dem Rang eines Majors und verfügt über ein Jahrzehnt operative und strategische Berufserfahrung im Sicherheits-, Risiko-, und Krisenmanagement für Organisationen wie die Vereinten Nationen, das Außenministerium der Schweiz, internationale Medien und NGOs. Er ist zurzeit Chef der Fachgruppe Sicherheit des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe und Mitglied des humanitären Sicherheitsberaterpools des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes.

Dr. Reto Wegmann studierte Informatik, Militärwissenschaften und Internationale Beziehungen in Zürich und Berlin. Er hat in verschiedenen Führungspositionen in der Privatwirtschaft und in einer Krisenorganisation der Schweizerischen Bundesverwaltung gearbeitet. Wegmann ist Mitglied der Fachgruppe Sicherheit des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe und der Katastrophenerkundungs- und Koordinierungsteams der Vereinten Nationen.

David Smallwood ist globaler Sicherheitsberater und Spezialist für Hochrisikosicherheit. Er war Stabsfeldwebel der britischen Armee, leitender Ausbilder für Terrorismusbekämpfung und Sicherheitschef in Botschaften, unter anderem in Libyen während des Sturzes von Gaddafi und im Irak während der Aufstiegs des IS. Als Sicherheitsberater arbeitet er heute für NGOs und Entwicklungsorganisationen, u. a. in Afghanistan, Bosnien, Haiti und im Südsudan. Smallwoods Expertise reicht von der Verhinderung von Entführungen und Lösegeldzahlungen über den Schutz von Diplomat*innen bis zum Trauma-Risiko-Management. BBC, Sky und ITN greifen regelmäßig auf seine Einschätzungen zu globalen Sicherheitsfragen zurück.

Weitere Termine für das Seminar "Safety und Security Risk Management (SSRM) Sicherheitstraining für Dienstreisende Internationaler Organisationen": 22.-24.02.202, 25.09. – 27.09.2023. Weitere Informationen und Buchung des nächsten Sicherheitsseminares im September unter www.agiamondo.de/seminare/Safety und Security Risk Management (SSRM) Sicherheitstraining für Dienstreisende Internationaler Organisationen

 

Text: Eva Tempelmann

17.02.2022