Für den AGIAMONDO-Engagement-Preis nominiert: Die Hilfsorganisation VAMOS JUNTOS verbessert die Lebensbedingungen von Schuhputzer*innen in Bolivien

2000 gründete Ruth Overbeck de Sumi Vamos Juntos nach ihren eigenen Erfahrungen mit einem Freiwilligendienst in Bolivien.

Bildung, Gesundheit und gesellschaftliche Anerkennung sind in La Paz, dem Regierungssitz Boliviens, keine Selbstverständlichkeit. Schon gar nicht für die zahlreichen Schuhputzer*innen, die sich auf den Straßen der mehr als 3.500 Meter hoch gelegenen Anden-Metropole ihren kargen Lebensunterhalt verdienen. Die Hilfsorganisation VAMOS JUNTOS, zu Deutsch „Lasst uns gemeinsam gehen“, aus Bocholt im Westmünsterland hat sich zum Ziel gesetzt, die Lebensbedingungen dieser Menschen zu verbessern. Grundlage für ihre Arbeit sind das Konzept der Hilfe zur Selbsthilfe sowie die persönliche Begegnung und Begleitung: eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Dabei hilft vor Ort die bolivianische Partnerorganisation ONG Asociación de apoyo social y educativo VAMOS JUNTOS.

 

VAMOS JUNTOS wurde im Jahr 2000 von Ruth Overbeck de Sumi gegründet. Geprägt von den Erfahrungen ihres Freiwilligenjahres in Bolivien setzte sie sich für die Durchführung eines Nord-Süd-Freiwilligendienstes sowie die Einbindung von nationalen Unterstützer*innen ein. Seit über 20 Jahren werden seither jährlich vier bis fünf Nord-Süd-Freiwillige nach La Paz entsendet. Dort stehen sie schnell in persönlichem Kontakt mit der Zielgruppe. Der Kreis der unterstützten Personen inklusive Familienangehörigen umfasst mittlerweile rund 2.500 Bolivianer*innen.

Die Freiwilligen werden in der sozialen Straßenarbeit eingesetzt. Dort suchen sie täglich etwa 300 Schuhputzer*innen an verschiedenen Plätzen in der Stadt auf. Nach der internen Vorbereitung in Deutschland werden sie auf die verschiedenen Schuhputzorganisationen aufgeteilt. Jede*r Freiwillige ist so direkte Ansprech- und Vertrauensperson für etwa 70 bis 80 Schuhputzer*innen.

Freiwillige mit einem Mitglied einer Schuhputzerorganisation
Geschäftsführerin Ruth Overbeck de Sumi
Freiwillige mit zwei Mitgliedern einer Schuhputzerorganisation
Leseförderung bei VAMOS JUNTOS
Freiwilliger mit einem Mitglied einer Schuhputzerorganisation

Ihre Aufgabe besteht vor allem darin, im regelmäßigen Kontakt mit den Schuhputzer*innen und ihren Familienangehörigen das von VAMOS JUNTOS initiierte Sparprogramm durchzuführen, die Zielgruppe über Unterstützungsformate und Aktivitäten zu informieren, soziale Notlagen wahrzunehmen und notwendige Hilfe in die Wege zu leiten. In Begleitung von bolivianischen Sozialarbeiter*innen sind sie zudem in der sozialen Familienarbeit tätig und in der ambulanten Hilfe der begleitenden Gesundheitsfürsorge.

Fest etablierte Projekte in La Paz, die auf Ideen von Freiwilligen zurückgehen, sind etwa das alternative Tourismusprojekt „mit anderen Schuhen“ durch das Stadtzentrum von La Paz, in dem Schuhputzer *innen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zeigen und parallel dazu einen Einblick in ihre Situation geben, oder das Projekt „Begib Dich in meine Schuhe“ mit Workshops in Schulen und Universitäten zur Sensibilisierung für Themen zu Menschenrechten, Interkulturalität und Diskriminierung.

Insgesamt leisteten 74 Freiwillige aus Deutschland zwischen 2001 und 2020 einen Nord-Süd-Freiwilligendienst bei VAMOS JUNTOS Bolivien. Darüber hinaus absolvierten 13 Studierende ein mehrmonatiges Praktikum über das ASA-Programm, zwei über den Konkreten Friedensdienst in Zusammenarbeit mit der KatHO NRW sowie 12 in Form selbstorganisierter Praktika.

Seit 2001 wird VAMOS JUNTOS Bolivien auch von nationalen Freiwilligen und Praktikant*innen unterstützt, insgesamt bisher von 33 Studierenden, davon leisten zurzeit vier einen Freiwilligendienst.

Alle Entsendeten erhalten eine qualifizierte Vorbereitung und pädagogische Begleitung. Neben einem Leitfaden gibt es Informationen über das Leben vor Ort sowie den lokalen Sicherheitsplan zum Krisen- und Notfallmanagement. Dabei wird auch besonders auf die politische Situation in Bolivien eingegangen. Die Freiwilligen werden umfangreich über alle wichtigen organisatorischen Aspekte ihres Dienstes informiert, darunter Ansprechpersonen, Visum, Versicherungen, Unterkunft und Unterhalt, Kindergeld und Taschengeld.

Diese gute Vorbereitung sowie die intensive positive Erfahrung führen zu einer hohen Zufriedenheit und Bindung an den Verein: Über 90 % der Freiwilligen bleiben VAMOS JUNTOS über Jahre aktiv verbunden. Viele von ihnen engagieren sich aktiv in der Vereinsarbeit in unterschiedlichen Bereichen.

Ein besonderer Grund zur Freude wird für Gründerin Ruth Overbeck de Sumi, heute Geschäftsführerin von VAMOS JUNTOS Deutschland, und ihr Team die Ankunft der ersten Süd-Nord-Freiwilligen sein, die 2022 einen Freiwilligendienst in Deutschland antreten werden.  

Text: Carola Battistini-Goldmund

18.10.2021

AGIAMONDO Engagement-Preis: Freiwilligendienste im Fokus

Mit dem AGIAMONDO Engagement-Preis, der seit 2019 vergeben wird, möchten wir Frauen und Männer ehren, die sich in den Entwicklungs- oder Friedensdienst stellen, die sich stark machen für strukturelle Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Frieden und Teilhabe und so für die unveräußerliche Würde eines jeden Menschen eintreten. Frauen und Männer, die die Klage der Armen und die Klage der Erde (Laudato Si‘) anrührt und die sich in den Dienst an Mensch und Erde nehmen lassen. Nicht nur fachlich, sondern mit Herz und Verstand. Wir denken an Frauen und Männer, die Begegnung und Nähe zulassen, Vertrauen aufbauen und deren gelebte Haltung und Solidarität personelle Entwicklungs- oder Friedensarbeit erst lebendig werden lassen. Und die bewusst – nicht leichtfertig – Risiken eingehen und Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen. Oft im Hintergrund und nicht auf der großen Bühne, aber mit großer Zuversicht und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft für die Schöpfung. Das können sowohl Fachkräfte als auch Personen aus den Partnerorganisationen im Süden, Osten oder Norden sein.

Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums von FID – Fachstelle internationale Freiwilligendienste soll der Preis im Jahr 2021, Engagierte aus der Welt der Freiwilligendienste auszeichnen. Ganz nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ möchten wir mit dem AGIAMONDO Engagement-Preis dazu beitragen, dass weltweites Engagement sichtbar wird und ansteckt. Vor allem aber möchten wir uns bei den Preisträger*innen, stellvertretend für die vielen anderen, die es auch verdient hätten, ganz herzlich bedanken.

Wer wird ausgezeichnet?
Ausgezeichnet können alle werden, die sich als Freiwillige/Rückkehrer*innen/Partner/Träger… oder wie auch immer, im Rahmen der internationalen Freiwilligendienste für Begegnung, Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung einsetzen.

Wie bewerbe ich mich?
Und kann ich auch jemanden vorschlagen? Es können sowohl Vorschläge als auch Eigenbewerbungen eingereicht werden.

Was erwartet den*die Preisträger*in?
Wir wollen Ihr Engagement sichtbar machen und wollen damit andere Menschen dafür begeistern, sich auch selbst zu engagieren. Wir danken der Pax-Bank Köln für ihre großzügige Gabe eines Preisgelds von insgesamt 2.000€. Außerdem besteht die Auszeichnung aus einer der berühmten Königsskulpturen des Bonner Diakon und Holzbildhauers Ralf Knobloch. Wir freuen uns sehr, dass er wieder eine seiner König*innen als Preis stiftet.

Wann ist Bewerbungsschluss?
Vorschläge und Bewerbungen konnte bis zum 31.08.2021 eingereicht werden.

Was reiche ich als Bewerbung/Vorschlag ein?
So vielfältig, wie die Formen des Engagements können auch die Bewerbungen oder Vorschläge sein. Natürlich brauchen wir einen Namen und Informationen zur Person. Eine Beschreibung des Engagements und der Ziele sowie Links, Flyer oder sonstiges Material, was die Jury überzeugen könnte. Bitte auf Deutsch oder in Englisch. Alles am besten digital.

Wann findet die Preisverleihung statt?
Am 12.11.2021 laden wir von 14:00 bis 16:00 (MEZ) zu einer Online-Preisverleihung ein. Die nominierten Bewerber*innen stellen hier ihr Projekt selbst vor.

Hier können Sie sich für die Online-Preisverleihung anmelden.

Jurymitglieder:
Wolfgang Altenrath
, Regionaldirektor Pax-Bank eG;
Gertrud Casel, langjährige Geschäftsführerin der Deutschen Kommission Justitia et Pax;
Dr. Markus Demele, Generalsekretär von KOLPING INTERNATIONAL und Vorstandsvorsitzender AGIAMONDO; 
Padre Luis Carlos Hinojosa Moreno, Priester und Fachkraft in der Diözese Aachen;
Christel Wasiek, ehemalige Fachkraft in Lateinamerika und langjährige Abteilungsleiterin bei AGIAMONDO